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Woidke packt brisante Stasi-Fälle bei der Polizei an

Neue Vorwürfe: Cottbuser Polizeichef soll an Verfolgung Ausreisewilliger beteiligt gewesen sein

Cottbus - Nun melden sich die Opfer. Gegen den ebenfalls suspendierten Cottbuser Polizeichef Uwe Skalske sind neue Stasi-Vorwürfe erhoben worden. Nach einem Bericht der „Lausitzer Rundschau“ war der heute 49-Jährige als Untersuchungsführer der DDR-Staatssicherheit in einem weiteren Fall an Strafverfahren gegen Ausreisewillige beteiligt, die mit Gefängnisstrafen endeten. Konkret soll Skalske die Ermittlungen gegen einen Cottbuser Familienvater geführt haben. Dieser hatte, weil die DDR-Behörden einen Ausreiseantrag ignorierten, im Februar 1988 in Ost-Berlin gemeinsam mit der 12-jährigen Tochter ein Pappschild gezeigt: „Wir fordern: Menschenrecht auf Ausreise in die BRD für unsere Familie.“

Wegen „Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit“ war der Mann dann im April 1988 vom Kreisgericht Cottbus zu einem Jahr und zwei Monaten Haft verurteilt worden. Nach sieben Monaten Haft wurde er in den Westen entlassen, vermutlich freigekauft. Die Stasi-Vernehmungen soll der heutige Wachenchef, zuständig für 160 Polizisten in Cottbus, geführt haben. 1990 war er trotz seiner bekannten früheren Tätigkeit in den Polizeidienst des Landes übernommen worden, eine hauptamtliche Stasi-Tätigkeit von 1981 bis 1990 hatte er zugegeben. Vorige Woche wurde Skalske von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) suspendiert. Auslöser war ein Bericht des rbb-Magazins „Klartext“, wonach Skalske als Vernehmer daran beteiligt war, den ausreisewilligen Gubener Frank Junkier ins Gefängnis zu bringen. Und zwar mit einem erpressten Geständnis, mit Androhungen von Schritten gegen die Lebensgefährtin und die Kinder. In einem Strafverfahren war Skalske, der die Erpressung bestritt, Mitte der 90er Jahre freigesprochen worden. Doch sind in der Stasi-Unterlagenbehörde offenbar belastende Dokumente und Tonband-Mitschnitte von Vernehmungen gefunden worden. Eigentlich sollte Skalske am Montag zu den Vorwürfen im Innenministerium angehört werden. Der Termin fiel aus, weil sich Skalske krankgemeldet hat. Die Anhörung wurde verschoben. „Er bleibt suspendiert“, erklärte Sprecher Ingo Decker. Auch die neuen Vorwürfe würden geprüft.

Woidke lässt nun auch seit Jahren im Ministerium bekannte, von seinen Vorgängern nie angepackte Stasi-Vorwürfe gegen Polizeibeamte prüfen. Seit Mitte März ist der Kripo-Chef des Spremberger Regionalkommissariats, Günther Gierschke (53), suspendiert. Bereits seit zwei Jahren ist bekannt, dass er von 1982 bis 1988 als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Staatssicherheit Kollegen bei der Polizei und Personen aus seinem privaten Umfeld bespitzelt haben soll. Dies hatte er aber bei der Übernahme in den Landesdienst zu Beginn der 1990er Jahre verschwiegen und nur seine hauptamtlicher Stasi-Tätigkeit in der Bezirksverwaltung Cottbus von 1988 bis 1989 zugegeben.

Rückendeckung bekam Woidke von der Opposition aus CDU, Grünen und FDP. Es „könne nur Unverständnis auslösen“, wie solche Stasi-Mitarbeiter „auf hohe Posten kommen konnten“, sagte etwa der CDU- Rechtsexperte Danny Eichelbaum. „Da besteht noch viel Aufklärungsbedarf.“ Eichelbaum und die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg forderten nach jüngst bekannt gewordenen Stasi-Fällen bei Richtern einheitliche Prüfkriterien in allen Ministerien. Grüne-Innenexpertin Ursula Nonnemacher sagte, es sei „unerträglich, wenn Leute mit solch einer Vergangenheit das Gewaltmonopol des Staates über andere Menschen ausüben“. Woikde stelle – anders als seine Vorgänger – „nicht dienstrechtliche Probleme in den Vordergrund, sondern sei um Aufklärung bemüht“. Rot-rote Koalitionäre waren zurückhaltend, nachdem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Woidkes Handhabe zur wiederholten Überprüfung von 68 Führungsbeamten als Verstoß gegen das Stasi-Unterlagengesetz gewerte  t hatten. Linke-Innenexperte Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, Woidke versuche mit Stasi-Vorwürfen aktiv umzugehen, statt Enthüllungen hinterherzurennen. „Das ist nachvollziehbar, muss aber durch das Gesetz gedeckt sein.“

Nonnemacher und Teuteberg hingegen machten die Prüfpraxis bei der Übernahmen von DDR-Polizisten in den frühen 1990er Jahren für die anhaltenden Stasi- Probleme verantwortlich. Tatsächlich ist eine Personalkarteikarte des suspendierten Spremberger Kripo-Chefs Gierschke seither bekannt, nachzuweisen war ihm die IM-Tätigkeit nicht. Seit 2006 kann das Ministerium keine Akteneinsicht bei der Stasi-Unterlagenbehörde mehr nehmen. Allerdings berichtet die „Lausitzer Rundschau“ seit 2009 aus den Stasi-Akten des Kripo-Chefs, das Ministerium tat nichts. Erst durch eine neue Nachfrage wurde nun Woidke aktiv. „Wenn sich bestätigt, dass er nicht die Wahrheit gesagt hat, sind weitergehende Konsequenzen nicht ausgeschlossen.“, sagte Sprecher Decker. „Bis zur Entfernung aus dem Dienst.“

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 03.05.2011

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