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Deutlich mehr Asylverfahren - Experten befürchten eine Überlastung der Verwaltungsgerichte wie Mitte der 1990er-Jahre

Potsdam - Der Zustrom von Flüchtlingen belastet zunehmend die Justiz in Brandenburg. Die Anzahl der asylrechtlichen Verfahren an den Verwaltungsgerichten ist deutlich gestiegen, wie eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Brandenburger CDU-Fraktion zeigt. So machten diese Fälle 2014 in Frankfurt (Oder) nach Gerichtsangaben knapp 48 Prozent aller Verfahren aus. Im Jahr 2010 waren es 22,74 Prozent. In Potsdam gab es binnen eines Jahres fast dreimal so viele Klagen wie im Vorjahr gegen Asylentscheidungen. 1310 solcher Fälle gingen 2014 laut Gericht ein. Der Trend hat sich im Januar fortgesetzt. "Wir laufen weiter zu", sagte Sprecher Ruben Langer am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

"Die Richter der zuständigen Kernkammer arbeiten bis an die Grenze der Belastbarkeit", schilderte er. Auch Richter in Cottbus beobachten einen deutlichen Anstieg der Zahl der Asylverfahren. "Früher lag ihr Anteil bei etwa zehn Prozent", sagte Sprecher Thomas Jacob. "Inzwischen liegt er bei über 20 Prozent." Im vergangenen Jahr seien 492 solcher Fälle beim Gericht eingegangen, zwei Jahre zuvor waren es 162. Die Zahlen entsprechen dem Bundestrend: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat eine sprunghafte Zunahme der Asylverfahren beobachtet. 2014 gab es bei den erstinstanzlichen Gerichten teils ein Plus von 50 Prozent. Experten befürchten eine Überlastung der Verwaltungsgerichte wie Mitte der 1990er-Jahre.

Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) sieht noch keine Parallelen. Noch sei der Anstieg der Asylverfahren moderat und könne teilweise kompensiert werden, weil es in anderen Bereichen Rückgänge gebe, so der Minister. Die Entwicklung werde jedoch genau beobachtet. Eine verlässliche Prognose sei aber schwierig, weil diese von der gesamtpolitischen Situation, aber auch von der Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge abhänge.

Beim Verwaltungsgericht Berlin geht es inzwischen in etwa 60 Prozent aller Fälle um ausländerrechtliche Fragen, berichtete Sprecher Stephan Groscurth. Die Asylverfahren stiegen 2014 um 63 Prozent. Insgesamt seien 2457 neue Fälle eingegangen. "Wir verzeichnen einen extremen Anstieg von Dublin-Verfahren und sind hauptsächlich mit Eilverfahren beschäftigt", erklärte Groscurth.

Die sogenannte Dublin-III-Verordnung regelt, dass jeder Asylbewerber seinen Antrag in dem Land stellen muss, in dem er zuerst ankommt. Da die einzelnen europäischen Staaten aber unterschiedlich hohe Standards für die Versorgung von Asylbewerbern haben, ziehen viele Neuankömmlinge weiter - zum Beispiel von Italien nach Deutschland.

Für die Richter hat dies zur Folge, dass sie vor allem formale Fragen klären. Um die eigentliche Frage, ob die Flüchtlinge in ihrem Heimatland verfolgt werden, geht es oft gar nicht. "Schwerpunkt ist eher die Klärung des Zusammenwirkens von europarechtlichen sowie deutschen Asyl- und ausländerrechtlichen Fragen", berichtet Langer.

Bei der Prüfung kommen die Gerichte bundesweit zu widersprüchlichen Entscheidungen - was bei den Richtern zu Verunsicherung führt. Sie sehnen sich nach einer Orientierung durch Urteile höherer Instanzen.

Doch in einem Großteil der Asylverfahren ist gesetzlich keine Beschwerde möglich. Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) waren im vergangenen Jahr lediglich 70 Fälle aus diesem Bereich anhängig. 2010 waren es laut einer Sprecherin 40. Bis in Brandenburg ein Fall entschieden ist, dauert es laut Justizministerium - ähnlich wie im Bundesschnitt - etwa 10,3 Monate. Aus Sicht des rechtspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum, sollte das Asylverfahren beschleunigt werden. Er verweist auf Angaben aus Sachsen-Anhalt und Thüringen mit 7,9 beziehungsweise 8,4 Monaten im Schnitt. Die CDU-Fraktion kritisierte zudem, dass es keinen landesweiten Überblick dazu gibt, wie viele Flüchtlinge nach einer Ablehnung ihres Asylantrags Brandenburg tatsächlich verlassen. Für die Vollstreckung der Ausreisepflicht seien die Ausländerbehörden in den Landkreisen zuständig, so eine Sprecherin des Innenministeriums. Marion van der Kraats

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 06.02.2015

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