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Personalnot schafft Fakten - Brandenburgs Jugendarrest macht früher dicht als geplant. Nun sollen kriminelle Jugendlichen nach Berlin

Potsdam - Brandenburgs Jugendrichter können vorerst keine kriminellen Jugendlichen mehr in den Jugendarrest schicken. Seit Mittwoch ist die Jugendarrestanstalt in Königs Wusterhausen geschlossen. Grund ist akuter Personalmangel. Entsprechende PNN-Informationen bestätigte ein Sprecher von Justizminister Helmuth Markov (Linke) auf Anfrage. Demnach konnte die ohnehin angespannte Personallage in der Anstalt nicht mehr durch Abordnungen aus anderen Justizvollzugsanstalten kompensiert werden.

Zudem ist für die Arrestanstalt besonders ausgebildetes Personal notwendig. Neben mehreren dauererkrankten Vollzugsbeamten hatte sich der Personalmangel durch weitere Krankmeldungen zuletzt noch einmal deutlich verschärft. Bei einem Krisenbesuch in Königs Wusterhausen entschied dann Justizstaatssekretär Ronald Pienkny in dieser Woche gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort, die Arrestanstalt vorerst zu schließen. Für fünf Arrestanten wurde der Arrest damit unterbrochen. Brandenburgs Justizministerium arbeitet nun fieberhaft an einer Zwischenlösung mit Berlins Justizsenatsverwaltung. Eigentlich soll ein vereinbarter Staatsvertrag für einen gemeinsamen Jugendarrest, der noch in Arbeit ist, erst zum Jahresbeginn 2016 greifen.

Ende April hatten sich Markov und Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) nach Querelen darauf geeinigt. Demnach kann Brandenburg künftig bis zu zehn Jugendliche in den nicht ausgelasteten Berliner Jugendarrest schicken und zahlt dafür jährlich 350 000 Euro. Brandenburg hatte auf einen Staatsvertrag gepocht, damit für die Brandenburger Jugendlichen auch in Berlin das moderne Jugendarrestvollzugsgesetz angewandt wird. Es gilt unter Experten als das bundesweit fortschrittlichste, in Berlin gilt noch das alte Bundesrecht aus den 1970er-Jahren. Obwohl der Landtag das Gesetz erst vor einem Jahr, Ende Juni 2014, verabschiedete, droht die Umsetzung nun an Personalmangel zu scheitern. Wie der Sprecher des Justizministeriums den PNN sagte, soll nun zügig eine Verwaltungsvereinbarung mit Berlin getroffen werden. Bislang hatte Markov eine solche Vereinbarung immer strikt abgelehnt. Nach dem jetzigen Stand der Gespräche auf Arbeitsebene zwischen Ministerium und Justizsenat in Berlin könnten jugendliche Kriminelle aus Brandenburg frühestens ab Mitte Juli in Lichtenrade untergebracht werden. Abschließende Verhandlungen dazu sind für kommenden Woche geplant.

Selbst wenn es zu einer Verwaltungsvereinbarung kommt, will Brandenburg einen Staatsvertrag. Markov und Heilmann (CDU) hatten lange darum gerungen, Heilmann hatte einen Staatsvertrag zunächst nicht für nötig erachtet. Nachdem Irritationen ausgeräumt worden seien und beide Länder nun gut kooperieren, wolle man mit einem Staatsvertrag verhindern, dass die Einhaltung des Brandenburger Vollzugsrechts von der politischen Großwetterlage zwischen Justizminister und Justizsenator abhängt. Die Berliner Justizverwaltung zeigte sich grundsätzlich offen für eine Verwaltungsvereinbarung. Es liege bereits ein Entwurf vor, hieß es aus Potsdam. Ob es aber bereits - wie von Brandenburg gewünscht - im Juli zur Unterbringung kommt, sei nicht absehbar, sagte eine Sprecherin der Justizsenatsverwaltung. Nach Angaben des Justizministeriums waren 2009 im Schnitt 15 junge Straftäter im Container der Arrestanstalt in Königs Wusterhausen untergebracht. Im vergangenen Jahr seien es nur noch sieben bis acht gewesen.

In Lichtenrade gibt es 60 Plätze. Laut der Berliner Justizverwaltung sind derzeit 15 belegt, mit 13 Jungen und zwei Mädchen. Der Rechtsexperte der CDU-Landtagsfraktion Danny Eichelbaum sagte, mit der Schließung der Jugendarrestanstalt sei ein "haltloser, ungesetzlicher Zustand" eingetreten. "Brandenburg ist somit in Deutschland das einzige Bundesland ohne Jugendarrestanstalt", sagte er. Markov habe die Justiz nicht mehr im Griff. Für kriminelle Jugendliche könnten in Brandenburg keine Arreststrafen wie der Warnschussarrest oder der Beugearrest vollzogen werden. Das von Rot-Rot gelobte Jugendarrestgesetz sei nach wenigen Monaten zu einer hohlen Nuss geworden. Unter den Jugendrichtern im Land herrsche Entsetzen, sagte Richterbund-Landesvize Alexandra Kosyra: "Ein stationäres soziales Training für Brandenburger Jugendliche findet nicht mehr statt. Was für eine Blamage." Von Alexander Fröhlich.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 02.07.2015

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