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Freiheitsstrafe bei Schwarzfahren - Schwarzfahrer sollen nicht mehr ins Gefängnis

Ein Vorstoß des brandenburgischen Justizministers, Stefan Ludwig (Linke), Schwarzfahren künftig nicht mehr als Straftat zu ahnden, sondern als Ordnungswidrigkeit, ist heftig umstritten. Die CDU hält dagegen: Ohne Ticket fahren, sei kein Kavaliersdelikt. Die Anhänger einer Herabstufung des Delikts erhoffen sich auch eine Entlastung der Justiz und der Staatskasse.

Potsdam. Wer in öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Fahrschein erwischt wird, der zahlt normalerweise eine Geldstrafe. Das Delikt nennt sich „Erschleichen“ von Beförderungsleistungen und ist im Paragrafen 265a des Strafgesetzbuchs geregelt. Möglich ist auch eine Freiheitsstrafe, die aber nur selten verhängt wird. Öfter allerdings müssen Schwarzfahrer dennoch ins Gefängnis, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlen können. Sie sitzen eine sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe ab. 

Diese Regelung, die stets immense Kosten für den Staat verursacht, ist aktuell heftig umstritten. Eine Reihe von Justizministern der Länder, so auch Brandenburgs Ressortchef Stefan Ludwig (Linke), halten den Paragrafen nicht mehr für zeitgemäß. Sie wollen die Regelung im Juni bei der nächsten Justizministerkonferenz im thüringischen Eisenach möglichst kippen. Dazu wurde eine extra Arbeitsgruppe mit Justizexperten der Länder gebildet, an der auch der Bund beteiligt ist.

In Brandenburg, aber auch in Berlin sind die Pläne umstritten, finden aber auch Anhänger. Scharfe Gegner einer Neuregelung als Ordnungswidrigkeit sind die brandenburgische CDU und die Verkehrsunternehmen. Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Danny Eichelbaum, sagte der MAZ, eine solcher Vorstoß sei „ein falsches Signal zur falschen Zeit“. Schwarzfahren dürfe nicht als „Kavaliersdelikt“ gesehen werden. Der geplante Verzicht auf eine konsequente Strafverfolgung sei ein „Schlag ins Gesicht für alle gesetzestreuen Bürger“, hob Eichelbaum hervor. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Oliver Wolff, sprach neulich in einer Erklärung sogar von „Staatsbankrott“ und „Justiz nach Kassenlage“.

Eichelbaum hielt Linken-Justizminister Ludwig vor, mit dieser Debatte nur ein „Ablenkungsmanöver“ zu starten – „vom selbst verschuldeten Personalmangel in der Justiz in Brandenburg“. Der Einwand der Befürworter einer Herabstufung als Ordnungswidrigkeit, damit würde die Justiz entlastet, sei „absurd“, so der CDU-Politiker. Minister Ludwig sollte lieber dafür sorgen, dass die Justiz in Brandenburg endlich mehr Stellen bekomme.

Der brandenburgische Justizminister wies die Kritik der CDU gestern zurück. Er sei dafür, dass Schwarzfahren als Ordnungswidrigkeit geahndet werde. „Damit wird es nicht legalisiert“, betonte Ludwig auf Anfrage dieser Zeitung. Offensichtlich sei aber das Strafrecht kein geeignetes Instrument, um solche Delikte zu verhindern.

Diese Meinung teilt unter anderem der CDU-Justizminister in Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, aber auch der Richterbund, die Grünen, Teile der SPD und die Linke. Die Vorsitzende des Richterbundes in Brandenburg, Claudia Odenbreit, plädiert für eine Reform im Umgang mit Schwarzfahrern – auch „angesichts der Belastung der Justiz“. Der entsprechende Paragraf müsse auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit überdacht werden, sagte Odenbreit auf Anfrage der MAZ. Schwarzfahren stelle inzwischen ein Massendelikt dar, „welches sich nur durch eine äußerst geringe kriminelle Energie auszeichnet“.

Aus Sicht des rechtspolitischen Sprechers der Grünen im Landtag, Benjamin Raschke, ist Verfolgung von Schwarzfahrern mit dem Strafrecht „nicht mehr angemessen“. Dies stehe in keinem Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Die Gerichte seien „mit dringenderen Fällen“ ausgelastet.

Auch der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) spricht sich schon länger dafür ein, das Delikt zu entkriminalisieren. In Berlin wurden laut Justizverwaltung im vorigen Jahr rund 14 Millionen Fahrgäste in den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und der S-Bahn kontrolliert, dabei wurden rund 540 000 Schwarzfahrer erwischt. Die Strafe beträgt im Schnitt 60 Euro. In rund 45 000 Fällen wurden Strafanträge gestellt. Die Verkehrsbetrieb können frei entscheiden, welche Fälle sie an die Justiz überweisen. Aktuelle Zahlen für Brandenburg liegen derzeit nicht vor. 

Die Reduzierung von Ersatzfreiheitsstrafen ist besonderes Anliegen von Justizminister Ludwig. Er strebt an, dass Straftäter ihre ursprünglich verhängte Geldstrafe durch Arbeit abgleichen. Denn notorische Schwarzfahrer würden sich wahrscheinlich auch nach 30 Tagen Haft keinen Fahrschein kaufen, hatte Ludwig erklärt. Eine Einigung in der Runde der Justizminister der Länder gab es aber bisher nicht. Von Igor Göldner

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 20.02.2018

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