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Kritiker: Teure Justizreform ohne Nutzen

Dienstag soll das Kabinett das Gesetz beschließen. Ob es aber durch den Landtag kommt, ist offen

Potsdam - Die von Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) konzipierte und seit Monaten überfällige Justizstrukturreform soll am Dienstag vom Kabinett beschlossen werden. Das gilt zwar als reine Formalie, doch die Zweifel am Sinn der Reform wachsen – auch bei den Justizbediensteten. Denn das Gesetz führt nicht an, welchen Nutzen die Umbaupläne eigentlich haben – außer dass die vier Landgerichtsbezirke dann etwa gleich groß sind. Vom ursprünglichen Ziel, einer besseren Zusammenarbeit mit der Polizei dank landesweit deckungsgleicher Strukturen ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen hat die Reform enorme Kosten zu Folge.

Schöneburg, früher Strafverteidiger und Landesverfassungsrichter, setzt zumindest sein Versprechen um, die 25 Amtsgerichte im Land zu erhalten – mit Rückdeckung seiner Partei und gegen den Willen der SPD. Der Koalitionspartner hatte parallel zur Polizeireform auch auf Einschnitte in der Justiz gepocht, konnte dies aber nicht durchsetzen.

Denn das Gesetz beruht auf einer Absprache Schöneburgs mit dem damaligen Innenminister Rainer Speer (SPD): Die Amtsgerichte sollten erhalten bleiben, zugleich die Landgerichtsbezirke an den Zuschnitt der vier neuen Polizeidirektionen angepasst werden. Demnach wäre für die Uckermark künftig die Justiz in Neuruppin statt in Frankfurt (Oder) zuständig geworden. Der Landkreis Dahme-Spreewald mit dem Amtsgericht Königs Wusterhausen gehört nicht mehr zu Potsdam, sondern geht an Cottbus.

Speers Nachfolger Dietmar Woidke (SPD), der sich seit Monaten mit Schöneburg über die Umsetzung der Reform stritt, den Erhalt der Amtsgerichte anzweifelte und stärkere Sparanstrengungen forderte, durchkreuzte schließlich die Pläne. Er schlug in einer einsamen Entscheidung die Polizeiinspektion Uckermark der Polizeidirektion Ost in Frankfurt statt der in Neuruppin zu. Als Grund führte Woidke die bessere Bekämpfung der Grenzkriminalität an, was intern bezweifelt und als Rücksichtnahme auf die mächtigen SPD-Landräte im Landesosten gewertet wird.

So verlor Schöneburg auch die ursprüngliche Begründung für seine Reform: Im Landesnorden sind Gerichtsbezirke und Polizeidirektionen nicht deckungsgleich. Im Landtag, der die Reform nach dem Kabinett absegnen muss, könnte Schöneburg weitere Federn lassen müssen. In der SPD-Fraktion wird offen überlegt, im Norden einheitliche Strukturen zu schaffen und die Uckermark wieder Frankfurt (Oder) zuzuschlagen.

Der Bund Brandenburger Staatsanwälte, der die Justizreform seit Langem kritisiert, sieht gar keinen Grund mehr, die Struktur zu verändern. Der Vorsitzende, der Potsdamer Staatsanwalt Ralf Roggenbuck, sagte: „Es kommt zu sozialen Unverträglichkeiten - und das ohne großen Nutzen.“ Ähnlich sieht es die Deutsche Justiz-Gewerkschaft. 63 Mitarbeiter müssen umziehen, darunter auch Wachtmeister mit geringem Einkommen. Der Deutsche Richterbund hält den Zeitpunkt für falsch. Dessen Vorsitzender Matthias Deller meint, Schöneburg solle die Kommunalreform abwarten – und nicht auf die Polizeireform abstellen.

Der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) in Brandenburg/Havel, Wolf Kahl, sieht zwar wie die Staatsanwälte keine Notwendigkeit, auf die Polizeireform zu reagieren. Dennoch befürwortet er das Gesetz: „Damit endlich Schluss ist mit der Diskussion um die Amtsgerichte.“ Zudem steht die Justiz unter Zeitdruck: Soll die Reform wie geplant zum 1. Januar 2013 umgesetzt werden, müssen Aufträge vergeben werden für die Computertechnik, mit der Daten in Grundbüchern und Handelsregistern an die neuen zuständigen Gerichte übertragen werden sollen. Für den rechtspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum, ist die Reform längst „grandios gescheitert“.

Und die Kosten für das Gesetz werden wohl enorm. Dabei steht noch nicht einmal fest, wie hoch Umzugskosten, Trennungsgeld und Mobilitätsprämien für Justizbedienstete sein werden. Allein 22 000 Grundbücher sind vom Umzug betroffen, die Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister der Amtsgerichte Schwedt und Königs Wusterhausen müssen umgeschrieben werden. 220 000 Euro soll das kosten. 205 000 Euro fallen für neue Computertechnik an, 950 000 Euro für den Ausbau des Standortes Neuruppin. Teuer wird auch die Sanierung der lange von Schließung bedrohten Amtsgerichte Zossen und Königs Wusterhausen; allein für Zossen sind etwa 4,14 Millionen Euro veranschlagt. Und der Standort Cottbus muss ausgebaut werden um Platz für dort hin versetzte Personal zu schaffen. (mit dpa)

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 08.08.2011

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