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Teure und peinliche Panne bei Justizreform

Ex-Chefin des Senftenberger Arbeitsgerichtes durch Fehler des Justizministeriums seit Monaten bei vollen Bezügen ohne Arbeit

Potsdam / Senftenberg Ein Fehler des Brandenburger Justizministeriums kostet den Steuerzahler rund ein Richter-Jahresgehalt. Denn bei der Schließung des Arbeitsgerichtes Senftenberg Ende 2011 wurde die Direktorin nicht korrekt versetzt.
Seit Ende Januar sitzt Birgit Fohrmann untätig zu Hause, obwohl sie arbeiten könnte und nach Auskunft ihres Anwaltes auch will. Eine Situation, die sie ein Jahr vorher schon einmal erlebte. Auch Anfang 2012 bekam sie mehrere Monate ihr Richtergehalt, ohne dafür zu arbeiten. Wie lange sie jetzt noch ohne richterliche Arbeit zu Hause sitzen wird, hängt davon ab, wie schnell das Brandenburger Justizministerium eine Verwendung für sie findet, der Fohrmann auch zustimmt.

Denn ohne eine einvernehmliche Regelung mit der ehemaligen Arbeitsgerichtsdirektorin aus Senftenberg ist der Konflikt mit dem Ministerium nicht mehr zu lösen. Das zeigen zwei ungewöhnliche Urteile, die Fohrmann gegen das Land erstritt.

Gericht aufgelöst

Ausgangspunkt der ungewöhnlichen Auseinandersetzung war die Brandenburger Justizreform, mit der im Dezember 2011 aus dem Arbeitsgericht Senftenberg eine Außenstelle des Arbeitsgerichtes Cottbus wurde. Gerichtsdirektorin Birgit Fohrmann hatte diese Reform öffentlich kritisiert. Für sie musste mit der Umsetzung der Reform eine neue Verwendung gefunden werden.

Fohrmann, die in Senftenberg 18 Jahre lang Arbeitsrecht gesprochen hatte, wollte gern in diesem Rechtsbereich bleiben. Doch das Justizministerium entschied anders. Im Februar 2012 war zunächst noch Fohrmanns Versetzung an das 130 Kilometer entfernte Amtsgericht Bad Freienwalde geplant.

Dann bekam sie Mitte Mai jedoch einen Bescheid, der ihr zum 1. Juni vorigen Jahres einen Arbeitsplatz am Sozialgericht in Potsdam zuwies.

Den trat die Richterin unter Protest an und legte gleichzeitig Widerspruch dagegen ein, weil ihre Versetzung rechtswidrig sei. Mit der Ablehnung des Widerspruches ließ sich das Ministerium ein halbes Jahr Zeit. Dann ging es jedoch schnell.

Frist verstrichen

Birgit Fohrmann schaltete das für solche Fälle zuständige Dienstgericht des Landes ein. Das entschied Ende Januar im einstweiligen Rechtsschutz, dass die Versetzung Fohrmanns nach Potsdam "offensichtlich rechtswidrig" sei.
Eine solche Versetzung hätte laut Deutschem Richtergesetz nicht später als drei Monate nach der Veränderung in der Gerichtsstruktur erfolgen dürfen. Diese Frist war Ende März 2012 verstrichen, sechs Wochen vor dem Versetzungsbescheid. Seit dem Beschluss des Dienstgerichtes sitzt Fohrmann wieder zu Hause.

Brandenburgs Justizministerium wollte sich jedoch noch nicht geschlagen geben und legte Beschwerde beim Dienstgerichtshof des Landes ein. Der bestätigte im April nicht nur den Beschluss der ersten Instanz, sondern setzte noch eins drauf. Das Ministerium habe einen weiteren Fehler begangen, weil der Richterwahlausschuss nicht beteiligt wurde.

Der Dienstgerichtshof bezeichnete die für das Ministerium so entstandene Lage als "misslich". Denn weil Fohrmanns alter Job weg ist und die Dreimonatsfrist versäumt wurde, könne ihr nun kein anderes Richteramt gegen ihren Willen übertragen werden. Der Beschluss des Dienstgerichtshofes ist unanfechtbar.

Für Danny Eichelbaum, rechtspolitischer Sprecher der CDU im Brandenburger Landtag, ist es unverständlich, warum das Ministerium die Entscheidung des Dienstgerichtes nicht akzeptierte und noch mal Beschwerde dagegen beim Dienstgerichtshof eingelegt hat: "Das hat die Sache unnötig verlängert."

Die Zwangsversetzung von Birgit Fohrmann sei nicht nur rechtswidrig, sondern auch verfassungswidrig gewesen, weil der Richterwahlausschuss übergangen wurde. "So etwas hat es in Brandenburg noch nicht gegeben", so Eichelbaum. Er erwarte, dass nun schnell nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht wird. Dazu müsste auch ein Disziplinarverfahren gegen die Richterin sofort eingestellt werden.

Offenes Disziplinarverfahren

Das Disziplinarverfahren gegen Fohrmann war im Dezember von der Präsidentin des Landessozialgerichtes eingeleitet worden, weil sich die ehemalige Arbeitsrichterin weigerte, zu verhandeln und Urteile zu fällen. "Sie war nicht ordnungsgemäß versetzt und damit nicht der gesetzliche Richter", begründet ihr Anwalt Martin Bleidießel aus Spremberg ihre Haltung.

Der Dienstgerichtshof habe das mit seiner Entscheidung bestätigt. Deshalb ist auch für Bleidießel klar: "Für dieses Disziplinarverfahren gibt es keinen sachlichen Grund." Deshalb müsse es vom Tisch sein, bevor über den künftigen Einsatz von Birgit Fohrmann verhandelt werden kann: "Wir stehen für Gespräche bereit."

Die betroffene Richterin selbst wollte sich mit Hinweis auf ihre Pflicht zur Zurückhaltung nicht gegenüber der RUNDSCHAU zu dem Streit um ihre Dienstverwendung äußern. Das Justizministerium kündigte auf Nachfrage an, es seien "für die nahe Zukunft" Gespräche mit der Juristin geplant, um "die erforderliche Einigung zu erzielen". Bis dahin kann Birgit Fohrmann weiter bei vollen Bezügen das Sommerwetter genießen.

Zum Thema:
Richter genießen eine verfassungsrechtlich geschützte Stellung, um die Unabhängigkeit der Justiz zu garantieren. Sie werden auf Lebenszeit ernannt und auf das Grundgesetz vereidigt.Gesetze regeln, wer zum Richteramt befähigt ist, wer Richter ernennen und über ihre Versetzung entscheiden darf. Über Richter kann nur soweit eine Dienstaufsicht ausgeübt werden, wie ihre Unabhängigkeit unangetastet bleibt. Für Richter liegt diese Aufsicht beim zuständigen Gerichtspräsidenten und beim Justizministerium. Die Verteilung der Verfahren innerhalb eines Gerichtes auf die dort tätigen Richter wird in Geschäftsverteilungsplänen für jeweils ein Jahr festgelegt. Nur wer nach all diesen Regeln seine richterliche Tätigkeit ausübt, ist der "gesetzliche Richter" und darf Recht sprechen.

Quelle: Lausitzer Rundschau, 20.06.2013

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