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Vom Muster-Landrat zum Problemfall

Einst wurde der SPD-Mann Giesecke für seine Aufbauarbeit hoch gelobt. Nun steht er vor dem Ende.

Luckenwalde - Er galt als Hoffnungsträger und Macher, Teltow-Fläming als Vorzeigelandkreis im Osten. Für beide aber geht es seit geraumer Zeit bergab. Der Landkreis ist finanziell extrem angeschlagen und Peer Giesecke muss sich nach mehr als 20 Jahren als Landrat auf das Ende seiner Karriere vorbereiten. Selbst von Sozialdemokraten heißt es, das System Giesecke ist am Ende. Dafür hatte wohl auch SPD-Landeschef Matthias Platzeck ein Gespür gehabt, als er Giesecke 2006 nach nur kurzer Zeit wieder aus der engeren Führungsspitze der Landespartei drängte. Und die hält nun am 22. September ihren Parteitag ausgerechnet in der Kreisstadt Luckenwade ab. Bis dahin soll das Problem geklärt sein.

Für ihn läuft es jetzt wegen der Korruptionsvorwürfe und des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft auf eine Abwahl hinaus. Diesen Schritt fordert die Linke, die im Kreistag mit der SPD, FDP, Bauern und Grünen in einer Mehrheitskooperation regiert. Auch die CDU, in Teltow-Fläming drittstärkste Kraft, fordert, Gieseckes Abberufung. Jetzt gehe es um die politische Verantwortung angesichts des Schuldeingeständnisses des Landrats, sagte die Linke-Kreischefin und Landtagsabgeordnete Cornelia Wehlan. Die „notwendige politische Konsequenz“ müsse ein Abwahlantrag sein. Die SPD-Fraktion im Kreistag müsse dies fraktionsübergreifend und zeitnah vorbereiten für die Zeit, wenn der Strafbefehl rechtskräftig wird. Jürgen Akuloff, Chef der Linke-Kreistagsfaktion sagte, es sei klar, „dass nichts so weitergehen kann und wird, wie es war“.

CDU-Kreischef Danny Eichelbaum sagte, ein Wechsel an der Spitze des Landratsamtes sei unausweichlich. SPD und Linke müssten eine Abwahlantrag einbringen. „Wir vermissen bei Herrn Giesecke bisher Reue, Einsicht und Demut in seine Taten.“ Es gehe um die Frage, ob Giesecke „noch Garant für eine gesetzestreue Verwaltung und Vorbild für die Mitarbeiter sein kann“. Auch die SPD in Teltow-Flämung bereitet sich auf eine Abwahl vor. Sie musste Giesecke in den vergangen Tagen das Einverständnis abringen, eine Brücke zu bauen. Im Gegenzug arbeitet die Partei an seiner Ehrenrettung. Von einem „tragischen Spagat“ ist die Rede. Einen Rücktritt lehnt der Landrat ab, er verlöre sonst alle Versorgungsansprüche.

SPD-Kreischef Frank Gerhard, der Bürgermeister von Ludwigsfelde ist und gegen den Korruptionsermittlungen gegen eine Geldauflage eingestellt worden waren, verwahrte sich am Freitag gegen den „voreiligen Aktionismus“ der Linken, „der Rechtstaatlichkeit und Respekt vermissen lässt“. Zugleich räumte er ein, dass auch die SPD wegen des Strafbefehls eine Abwahl nicht ausschließen dürfe. „Aber wir bleiben bei unserer Linie abzuwarten, ob es den Strafbefehl vonseiten des Amtsgerichts in Potsdam überhaupt geben wird.“ Gespräche mit den anderen Kreistagsfraktion über die politische Zukunft, also die Abwahl Gieseckes, werde es erst geben, wenn es juristische Klarheit gebe. Wenn der Strafbefehl rechtskräftig sei, sei Giesecke vorbestraft.

Als ein Schuldeingeständnis will die SPD Gieseckes Einwilligung in den von der für Korruption zuständigen Staatsanwaltschaft Neuruppin beantragten Strafbefehl aber nicht sehen. Sämtliche Bestechungsvorwürfe gegen den Landrat hätten sich „als nicht haltbar erwiesen“. Auch gebe es „in dem Strafbefehl keine einzige rechtswidrige Verwaltungsentscheidung des Landrates im Amt zugunsten Dritter“.

Giesecke soll wegen Vorteilsnahme und Untreue eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung erhalten und 8000 Euro Geldbuße zahlen. Nach den Erkenntnissen der Ermittler soll er sich gemeinsam mit anderen kommunalen Politikern und gegen den Rat aller Fachleute und des Denkmalschutzes für den Abriss eines alten, geschützten Bauerngehöfts in Großbeeren eingesetzt haben, damit ein regionaler Baulöwe dort einen Supermarkt errichten konnte. Dafür soll Giesecke auf die Finca des Unternehmers auf Mallorca eingeladen worden sein, laut Staatsanwaltschaft geht es um eine eine „Zuwendung in Form einer anteiligen Kostenübernahme für eine Kurzreise im Wert von 800 Euro“. Daneben soll er von 2008 bis 2011 aus seinem Verfügungsfonds für gemeinnützige Zwecke 9000 Euro abgezweigt haben, um eine teure Kamera, nicht dienstlich veranlasste Bewirtungen, etwa von Parteigenossen, und Zuschüsse an eine soziale Einrichtung zu bezahlen, die von seiner Frau geführt wird.

Für den SPD-Kreisvorstand dagegen ist das alles „wenig substanziell Schwerwiegendes“, was die Staatsanwaltschaft Giesecke zur Last legt. Dem Strafbefehl habe er nur aus „persönlichen, gesundheitlichen und familiären Gründen“ zugestimmt, um sich und seiner Familie einen langwierigen Prozess zu ersparen.

Tatsächlich vermeidet der Landrat damit auch, dass das System Giesecke tiefer beleuchtet wird. Solche Macher habe es gebraucht nach der Wende, heißt es selbst aus der Spitze der Kreis-SPD. Männer, die zupacken, die Probleme auf kurzem Wege lösen, Absprachen per Handschlag regeln. Aber diese Zeiten sind vorbei. Nur Giesecke habe das noch nicht gemerkt, sei unbeirrt, schließlich habe er das doch immer so gemacht, sagt einer, der ihn gut kennt, weiß wie Giesecke tickt.

Zu diesem System Giesecke gehören auch andere: Gegen den Unternehmer, der Giesecke teure Restaurantbesuche bezahlte, stehen die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss. Er hatte mehreren Politikern teure Essen spendiert. Das Verfahren gegen den Bürgermeister von Großbeeren (Teltow-Fläming), Carl Ahlgrimm (parteilos), wurde gegen Zahlung einer Geldauflage in vierstelliger Höhe  eingestellt.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 08.09.2012

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