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Unmut in der Haftanstalt über Schöneburg-Affäre - Einmaliger Vorgang: Sicherheitschef schreibt Justizminister direkt und fordert Aufklärung ohne parteistrategische Erwägungen
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- Montag, 14. April 2014 06:38
Von Alexander Fröhlich. Potsdam - Das Vertrauen der Justiz in die politische Führung des Justizministeriums ist durch die Mandanten-Affäre um Ex-Minister Volkmar Schöneburg (Linke) nachhaltig beschädigt. In einem einmaligen Vorgang hat sich nun der Sicherheitschef der Justizvollzugsanstalt in Brandenburg/Havel, ohne den üblichen Dienstweg einzuhalten, direkt an Schöneburgs Nachfolger und aktuellen Justizminister Helmuth Markov (Linke) gewandt. Demnach hat "ein Teil der Bediensteten" der JVA "im Umgang mit dem Ministerium der Justiz" das Vertrauen verloren.
Sicherheitschef Heiko Dannat war, wie aus dem Brief hervorgeht, intensiv mit der Verlegung des früheren Schöneburg- Mandanten Detlef W. und der darauffolgenden Haftraumdurchsuchung befasst. Jetzt beklagt der Beamte den Eindruck, dass die Kontakte Schöneburgs zu Detlef W. und dessen Partner René W. während seiner Zeit als Minister "vollständig in den Hintergrund gerückt ist und die Sachaufklärung selbst von parteistrategischen Erwägungen überdeckt ist". Konkret geht es auch um Äußerungen von Linksfraktionschefin Margitta Mächtig. Die hatte in dieser Woche erklärt, Schöneburg hätte gar nicht zurücktreten müssen. Ihr Genosse habe nur die politischen und persönlichen Konsequenzen gezogen, weil es Fragen zum "Umgang mit möglichen Telefonaten von Strafgefangenen" gab. Schöneburg habe Häftlinge nicht begünstigt. Wie berichtet hatte Ex-Minister Schöneburg die beiden Männer, Detlef W. und René N., die im Knast wegen ihrer langen Beine und Hochwasserhosen den Spitzennamen "Störche" trugen, von 2001 bis 2006 als Anwalt vertreten. Sie hatten 1999 eine 13-Jährige entführt und brutal vergewaltigt. Weil er eine von der Anstaltsleitung angeordnete Sicherheitsverlegung seiner Ex-Mandanten gegen den Rat der Fachleute im Ministerium persönlich stoppte, trat Schöneburg im Dezember zurück. Zudem bezeichnete er es als Fehler, sein Handy für Anrufe der beiden nicht gesperrt zu haben. Im Nachgang hatten Markov und Justizstaatssekretär Ronald Pienkny darauf gepocht, dass Schöneburg seine Ex- Mandanten nicht begünstigt habe. Das Schreiben des JVA-Sicherheitschefs wirft nun ganz neue Fragen auf. Dabei ist auch ein Schreiben des Versandhauses Quelle. Demnach hatte Detlef W. 2005 bei Quelle zwei vergoldete Chronografen und eine Silberkette bestellt. Als Lieferadresse hatte er die Anschrift von Schöneburgs Kanzlei angegeben. Laut "Bild" war das kein Einzelfall. Weil schon andere Bestellungen nicht bezahlt worden waren, wurde die Ware nie ausgeliefert. Die JVA hatte damals Hinweise geprüft, dass W. Warenbetrug betreibt und mit den bestellten Gegenständen im Knast Geschäfte macht.
Zudem machte der Sicherheitschef auf einen Vorgang aus dem Jahr 2010 auf- merksam. Konkret geht es um ein Schreiben der Anwältin von René W. Damals war Schöneburg noch nicht mal ein Jahr lang Justizminister. Schon als Anwalt hatte er sich für Hafterleichterungen für seine Mandanten eingesetzt. Und auch 2010 noch kämpften die "Störche" vor der Strafvollstreckungskammer des Landesgerichts Potsdam darum und riefen deshalb offenbar direkt bei Schöneburg an, wie aus dem Schreiben der Anwältin an René W. hervorgeht. "Ich bitte Sie (und Herrn W.) hier Vertrauen zu behalten! Bitte rufen Sie den Justizminister nicht mehr an. Das schwächt ihn in seiner Position." Die "Störche" sollten sich nicht "unruhig verhalten oder aggressiv werden". "Sollte Unruhe oder aggressives Verhalten von Ihrer Seite entstehen, sind auch die Hände vom Justizminister Dr. Schöneburg gebunden", warnt die Anwältin ihren Mandaten. Die neuen Dtails werden auch Thema im Rechtsausschuss, der am Montag tagt. CDU-Rechtsexperte Danny Eichelbaum sagte, Markovdürfe jetzt nichts mehr vertuschen. "Es muss geklärt werden, ob sich Herr Schöneburg über das zulässige Maß hinaus für seine Ex-Mandaten eingesetzt hat und sei als Anwalt bei Straftaten unterstützt hat."
Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 11.04.2014