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Der überforderte Strafvollzug - Brandenburgs Jugendarrest musste geschlossen werden. In Justizvollzugsanstalten fehlt Personal
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- Dienstag, 11. August 2015 13:46
Als die Linke 2009 in der rot-roten Regierung das Justizministerium übernahmen, wollten sie es besser machen als die Vorgänger. Justizminister Volkmar Schöneburg setzte, wie nun auch sein Nachfolger Helmuth Markov, auf einen Strafvollzug, dessen Ziel die Resozialisierung ist. Schöneburg ließ dafür sogar das Gesetz novellieren. Die großen Pläne scheinen aber an der Realität zu scheitern. Denn für einen modernen, auf Wiedereingliederung ausgerichteten Vollzug fehlt das Personal. Es reicht nicht einmal mehr, um die Jugendarrestanstalt in Königs Wusterhausen zu erhalten.
Wegen Personalmangels wurde die Einrichtung zum 1. Juli geschlossen. Die jungen Straftäter sollen nun - wie berichtet - am 17. August ihren Arrest in Berlin antreten. Dort sind die Plätze aber begrenzt. Brandenburg kann künftig für 350.000 Euro pro Jahr bis zu zehn Jugendliche in die gemeinsame Anstalt nach Lichtenrade schicken. Dass bei 54 Jugendlichen die Ladungen zum Arrest deshalb wieder rückgängig gemacht wurden, erzürnt den Justizexperten der Brandenburger CDU, Danny Eichelbaum. Es werde zu einer Verzögerung des Arrests von voraussichtlich zwei bis drei Monaten kommen, so ein Sprecher des Ministeriums. Für Eichelbaum ist dies "ein haltloser Zustand." Das von Rot-Rot hochgelobte Jugendarrestgesetz sei, wie das gesamte Strafvollzugskonzept, zu einer "hohlen Nuss" geworden.
"Brandenburg ist jetzt in Deutschland das einzige Bundesland ohne Jugendarrestanstalt", kritisiert CDU-Politiker Eichelbaum. Auf Anfrage der Berliner Morgenpost erklärte eine Sprecherin des Ministeriums, der Krankenstand unter den 1006 Bediensteten im Justizvollzug "bewegte sich im 1. Halbjahr 2015 zwischen 20,26 Prozent im Februar und 14,79 Prozent im Juni" Richter sind entsetzt Der Deutsche Richterbund erklärte, man teile "das Entsetzen vieler Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte über diese Maßnahme der Ministerialverwaltung". Die Vizelandeschefin Alexandra Kosyra konstatiert: "Diese erschreckende Entwicklung zeigt, wohin eine verfehlte Sparpolitik in der Justiz führt." Der Minister hält den Justizbereich hingegen für "auskömmlich finanziert". Das Ministerium verweist darauf, dass die Eingangszahlen zurück gingen und ein moderater Stellenabbau vertretbar sei. In problematischen Bereichen, wie der Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit wurden neue Stellen veranschlagt oder es wurden weniger Stellen abgebaut.
"Mit dem neuen Doppelhaushalt konnten positive Signale an die Justiz gesendet werden", so das Ministerium. Positive Signale wünscht man sich in der JVA Neuruppin-Wulkow. Den Petitionsausschuss des Landtages erreichen von dort massive Beschwerden. Häftlinge schildern die Situation als unzumutbar. Die Bediensteten zeigten sich überfordert, das Personal sei häufig krank. Das Ministerium hat bereits Schwierigkeiten in Wulkow eingeräumt. Das größte Problem scheint die vakante feste Leitung. Denn die bisherige Chefin Petra Wellnitz ist nach Brandenburg an der Havel abgeordnet. Sie ersetzt den dortigen JVA-Direktor Hermann Wachter. Er war nicht lange nach der Affäre um den früheren Justizministers Schöneburg ausgetauscht worden. Schöneburg musste Ende 2013 nach dem Vorwurf zurücktreten, zwei frühere Mandanten in der JVA bevorzugt zu haben.
Wachter wurde hinter den Kulissen vorgeworfen, in eine Intrige gegen den Minister verwickelt gewesen zu sein, was er stets abstritt. Die endgültige Neubesetzung der Stelle ist noch in Arbeit", teilte eine Ministeriumssprecherin mit. Sie räumte ein, dass die Ausschreibung noch gar nicht erfolgt sei. Denn offiziell sitzt der ebenfalls zunächst nur abgeordnete Wachter immer noch auf der Personalstelle. Nach Informationen der Berliner Morgenpost kann es somit noch mehr als ein halbes Jahr dauern, bis die JVA Neuruppin- Wulkow angemessen geführt wird. Danny Eichelbaum, Justizexperte der Brandenburger CDU "Brandenburg ist jetzt in Deutschland das einzige Bundesland ohne Jugendarrestanstalt".
Quelle: Berliner Morgenpost, 11.08.2015