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Presseecho / Landtag

Richter gehen auf die Straße

In Potsdam demonstrieren Justizbeschäftigte für mehr Geld und bessere Arbeitsverhältnisse.

Potsdam (iwe1) „Ohne Nachwuchs stirbt die Justiz“ und „Gegen Stellenabbau und Personalkürzungen“ stand auf den Transparenten. Vor dem Potsdamer Justizzentrum am Jägertor, wo das Landgericht, das Landesverfassungsgericht und diverse andere Gerichte ihren Sitz haben, hatten sich kurz nach zwölf Uhr gut 100 Menschen versammelt. Es waren Richter, Justizfachangestellte und Wachtmeister. Gemeinsam verbrachten sie eine „aktive Mittagspause“ – weil Beamte offiziell nicht streiken dürfen, sind die Möglichkeiten der Justizbeschäftigten eingeschränkt: Sie können nur in ihrer 30 Minuten dau ern den Pause zum Demonstrieren auf die Straße gehen. „Wir fordern eine Wertschätzung unserer Arbeit“, sagte Petra Schmidt, Landeschefin der Justizgewerkschaft.

„Der Stellenabbau in der Justiz hat unsere Mitglieder an die Grenzen ihrer persönlichen Belastbarkeit gebracht.“ Gefordert wird von den Justizbeschäftigten unter anderem die Übernahme aller Auszubildenden und eine sechsprozentige Gehaltserhöhung für Tarifbeschäftigte und Beamte. Auch eine bessere Besoldung der Wachtmeister und die Einstellung neuer Gerichtsvollzieher gehören zu den Forderungen, die auf der Demonstration genannt wurden. „Vor zwei Jahren sind wir zuletzt auf die Straße gegangen“, sagte Claudia Odenbreit, Vorsitzende des Brandenburger Richterbunds. Damals wollte die Politik auf die Richter und Justizbeschäftigten zugehen – denn dass Richter und Staatsanwälte überhaupt eine Demonstration durchführen, war in Brandenburg bis dahin etwas völlig Unerhörtes. „Aber passiert ist wenig“, sagte Odenbreit. Es habe keine nennenswerten Neueinstellungen gegeben. „Beim Haushalt sind wir leer ausgegangen.“ Dass die Verwaltungsgerichte aufgestockt wurden, sei eine notwendige Folge der Flüchtlingskrise gewesen – habe aber nichts mit der Situation in der Justiz im Allgemeinen zu tun. Auch der Präsident des Landgerichts Potsdam, Dirk Ehlert, hatte sich unter die Demonstranten gemischt. „Diese Anliegen verdienen Unterstützung“, sagte er der RUNDSCHAU. „Die Situation an den Gerichten ist in der Tat besorgniserregend.“ Auch Vertreter der Landtagsfraktionen waren zur „aktiven Mittagspause“ vor das Gerichtsgebäude gekommen.

Dass die Justizwachtmeister noch immer in der Tarifstufe A4 eingestuft würden, und damit die am schlechtesten bezahlten Beamten im ganzen Land seien, „treibt mich auf die Palme“, sagte der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel. Und Danny Eichelbaum von der CDU erinnerte daran, dasss vor zehn Jahren solch eine Demonstration noch überhaupt nicht denkbar gewesen wäre. „Wir haben jetzt den schlechtesten Justizminister in der Geschichte des Landes“, sagte Eichelbaum. Die 136 Millionen Euro, die das Land in der vergangenen Woche als Mehreinnahmen vermelden konnte, sollten endlich auch bei den Beschäftigten ankommen. „Wir brauchen endlich einen Masterplan 2025, um die Justiz wieder handlungsfähig aufzustellen.“ Der SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn, der zur Demonstration gekommen war, um den Demonstranten seine „Wertschätzung“ zu übermitteln, hatte da einen schweren Stand. Denn auch er musste einräumen, dass in den Haushaltsverhandlungen manches nicht so funktioniert hat, wie es sich die Rechtspolitiker wünschen würden.  

Kommentar Linkes Problem. Dass Bauern, Förster oder Pädagogen vor dem Landtag stehen, ist in Potsdam ein gewohntes Bild. Anders ist das in der Justiz. Hier sind Demonstrationen keineswegs alltäglich. Dass die Richter und Staatsanwälte, Wachtmeister und Justizangestellten gestern in ihrer Mittagspause aktiv waren, zeigt deswegen vor allem, wie ernst die Lage an den notorisch überlasteten Gerichten des Landes ist – bei den Richtern, aber vor allem auch im Mittelbau. Doch die Protestaktion zeigt auch, dass dem gar nicht mehr so neuen Justizminister Stefan Ludwig (Linke) bislang noch kein Durchbruch gelungen ist. Eigentlich sollte er das durchaus als „zerrüttet“ beschreibbare Verhältnis zwischen Ministerium und Beschäftigten wieder auf Vordermann bringen. Geschehen ist da scheinbar nicht viel. Im Gegenteil: Es überrascht zunehmend, wie schwer es der Linken fällt, dieses so wichtige Ressort am Laufen zu halten. Dass sich kein einziger Landtagsabgeordneter der Linken gestern bei der Demonstration blicken ließ, spricht eben auch für sich.

Quelle: Lausitzer Rundschau, 10.02.2017

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