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Rasche Strafe? Fehlanzeige! Immer weniger schnelle Gerichtsverfahren für junge Kriminelle in Brandenburg
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- Donnerstag, 18. Mai 2017 10:44
Die Zahl der beschleunigten Gerichtsverfahren für junge Kriminelle ist in Brandenburg deutlich zurückgegangen. 2012 fällten die Amtsgerichte noch in 351 Prozessen spätestens vier Wochen nach einer Straftat ein Urteil. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 142, wie das Justizministerium eine Anfrage des CDU-Rechtsexperten Danny Eichelbaum beantwortete. Die Zahl der von den Staatsanwaltschaften beantragten Verfahren sank im gleichen Zeitraum von 344 auf 138. Eichelbaum äußerte sich besorgt: "Gerade bei jugendlichen Straftätern muss die Strafe auf dem Fuß folgen, um einen hohen Wirkungseffekt zu erzielen", sagte er. Beschleunigte Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz gibt es in Deutschland seit 2010 bei einfachen bis mittelschweren Delikten.
Das gilt, wenn in Prozessen keine Jugendstrafe zu erwarten ist, sondern nur eine Erziehungsmaßnahme. Dazu gehören Verwarnungen, Arbeitsleistungen etwa in einem Altersheim, Geldzahlungen für eine gemeinnützige Einrichtung und ein kurzzeitiger Jugendarrest. Nach diesen Verfahren können Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren verurteilt werden. Das Jugendgerichtsgesetz gilt aber auch für Heranwachsende bis 21 Jahre, wenn deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht voll abgeschlossen ist. Wie aus der Antwort des Justizministeriums weiter hervorgeht, dauerten die Verfahren bei den märkischen Jugendschöffengerichten und den Jugendkammern der Landgerichte 2016 zum Teil wesentlich länger als vier Jahre zuvor. In der ersten Instanz der Jugendkammer Cottbus zum Beispiel stieg die durchschnittliche Verfahrensdauer im Berichtszeitraum sogar von 6,2 auf 10,5 Monate. Auch die Bearbeitungszeiten bei den Staatsanwaltschaften sind länger geworden.
So verlängerten sich bei der Staatsanwaltschaft Cottbus die Verfahren von Betrugsfällen bis zur Vorlage beim Jugendschöffengericht von 55 auf 451 Bearbeitungstage. Grund für den Rückgang bei den beschleunigten Jugendverfahren sowie für die längeren Prozesse und Bearbeitungzeiten bei den Ermittlungsbehörden sind nach Ansicht Eichelbaums fehlende Stellen bei Staatsanwälten, Richtern und Justizbediensteten. Der Landesregierung und Justizminister Stefan Ludwig (Linke) warf der CDU-Politiker vor, die Justiz seit Jahren kaputt zu sparen: "Wir brauchen aber kürzere Verfahrenslaufzeiten, eine Stärkung des Täter-Opfer-Ausgleichs und eine bessere Verzahnung von Polizei, Staatsanwaltschaften und Jugendgerichtshilfe."
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 18.05.2017