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Neue Richterstellen gleichen nicht einmal Abgänge aus - In Brandenburgs Verwaltungsgerichten stapeln sich die eingehenden Verfahren

Trotz sinkender Flüchtlingszahlen stöhnen die Brandenburger Verwaltungsgerichte über die Flut der Asylklagen. An den drei Verwaltungsgerichten in Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam gingen im vergangenen Jahr nach Angaben der Vereinigung der Brandenburger Verwaltungsrichter 18 100 neue Verfahren ein - knapp 60 Prozent davon waren Klagen gegen Asylbescheide. Ein Jahr zuvor lag diese Quote noch bei 50 Prozent der rund 14 000 Neueingänge. Noch deutlicher wird die Lage beim Vergleich der unerledigten Verfahren am Jahresende. Ihre Zahl stieg im Jahresvergleich um etwa 5500 auf rund 20 300. In einer Antwort an den fraktionslosen Landtagsabgeordneten Christoph Schulze räumt das Justizministerium ein, dass es Ende November 2017 an den Brandenburger Verwaltungsgerichten 21 Hauptsacheverfahren gab, die schon länger als sechs Jahre dauern.

Zwei Verfahren laufen bereits über zehn Jahre. Der Vorsitzende der Brandenburger Vereinigung der Verwaltungsrichter, Wilfried Kirkes, hält bereits ein Klageverfahren, das älter als drei Jahre ist, für "extrem erklärungsbedürftig" - egal, ob es sich dabei um Asyl-, Immissions-, oder Baurecht handelt. Der CDU-Rechtsexperte Danny Eichelbaum hält die lange Prozessdauer sogar für "verfassungsrechtlich bedenklich", da hier gegen das in der Landesverfassung verankerte Recht auf ein zügiges Gerichtsverfahren verstoßen werde. Durchschnittlich lief ein Hauptverfahren vor einem Verwaltungsgericht in Brandenburg 2016 über 13,4 Monate. Der Bundesdurchschnitt betrug 9,3 Monate. Nach massiver Kritik der Richterschaft gegen die Engpässe an Gerichten und deren Geschäftsstellen sagte die Landesregierung Mitte des vergangenen Jahres 26 Neueinstellungen zu, davon 12 neue Richterstellen. Doch nach Beobachtungen von Kirkes, der Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Potsdam ist, reicht das nicht aus, um die durch Stellenwechsel oder Altersruhestand verursachten Personallücken zu schließen.

Statt ausreichend neue Berufskollegen einzustellen, wolle das Justizministerium nun sogar einige Proberichter, die sich seit 2016 an den Verwaltungsgerichten eingearbeitet hätten und nun selbstständig Entscheidungen treffen könnten, an ordentliche Gerichte versetzen. "Das empfindet mancher Kollege als skandalös", so Kirkes. Die Landesregierung hofft nun, dass sich die Lage durch den in den nächsten Jahren erwarteten Rückgang der Asylklagen entspannen wird. Kirkes rechnet aber damit, dass der Druck durch die hohen Aktenberge ohne durchgreifende Änderungen der bisherigen Personalpolitik längere Zeit anhalten wird. "Der Stellenbedarf wird nach den Klageeingängen berechnet. Vergessen wird dabei, dass die liegen gebliebenen Verfahren auch abgearbeitet werden müssen." Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe den Bestand an unerledigten Asylverfahren zwar deutlich verringern können, die verbliebenen Fälle seien aber überwiegend schwierig. "Da wird eine gehörige Portion auch vor den Gerichten landen", ist Kirkes überzeugt.

Auch an den vier Brandenburger Landgerichten in Cottbus, Frankfurt (Oder), Potsdam und Neuruppin liefen die Verfahren laut Justizministerium länger als im Bundesdurchschnitt. Dauerte 2016 ein Gerichtsprozess in der ersten Instanz in Brandenburg im Schnitt 12,6 Monate, waren es im Bund 9,9 Monate. Bei den Berufungsverfahren musste ein Kläger in Brandenburg im Durchschnitt 8,4 Monate bis zu einer Entscheidung warten. Im Bundesdurchschnitt benötigten die Landgerichte dafür nur 6,7 Monate. 13,4 Monate lief ein Hauptverfahren vor einem Verwaltungsgericht in Brandenburg 2016 durchschnittlich.

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 15.01.2018

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