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Nach Haftentlassung von Mörder: Ludwig schließt weitere Fälle nicht aus
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- Montag, 17. Dezember 2018 07:31
Justizminister Stefan Ludwig (Die Linke) musste sich im Rechtsausschuss des Brandenburger Landtages unbequemen Fragen nach der Haftentlassung eines bereits verurteilten Mörders stellen.
Potsdam. Nach der Haftentlassung eines in erster Instanz verurteilten Mörders wegen einer überlangen Verfahrensdauer am Landgericht Potsdam hat Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) nicht ausgeschlossen, dass es in Brandenburg weitere derartige Vorgänge geben könne.
Geäußerte Kritik am Brandenburger Justizsystem bezüglich der Haftentlassung eines in erster Instanz verurteilten Mörders weist Ludwig zurück: „Wir verhandeln hunderte Strafverfahren“, sagte Ludwig während einer von der CDU beantragten Sondersitzung des Rechtsausschusses im Potsdamer Landtag. „Es kann vorkommen, wir können es nach menschlichem Ermessen nicht ausschließen, dass es mal zu einem Fehler kommt.“
Auch an anderen Landgerichtsstandorten gebe es Fälle, die schon Jahre andauerten. Die Personalsituation an diesem Gericht sei aber ebenso wie in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Brandenburg auskömmlich. Zwar sei ihm bekannt, dass das Gericht überlastet sei. „Aber dieser Fall ist nicht geeignet, zu beweisen, dass die brandenburgische Justiz mangelhaft ausgestattet sei.“
Doch auf zahlreiche Fragen des CDU-Abgeordneten konnte Ludwig am Freitag keine Antwort geben. Weder kannte der Minister den Krankenstand am Landgericht Potsdam, noch hatte er eine Antwort auf die Frage, wie viele Untersuchungshäftlinge ebenfalls länger als sechs Monate in Haft sind.
Stattdessen verwies er darauf, dass in den zurückliegenden 20 Jahren 1850 Stellen in der Justiz weggefallen sind. „In dem konkreten Fall hätte ich nicht gewusst, was man hätte tun können“, sagte der Präsident des Oberlandesgerichts Brandenburg, Klaus-Christoph Claveé. „Strukturell bin ich aber schon der Meinung, dass wir eine bessere Ausstattung bräuchten.“
Deswegen habe er seit Jahren dafür plädiert, dass man klare, verlässliche Einstellungskorridore benötige, mit denen mehr Personal eingestellt werden könne. „Natürlich ärgert mich dieser Fall auch“, sagte SPD-Generalsekretär Erik Stohn. Allerdings habe man im Doppelhaushalt rund 300 Stellen für die Justiz eingeplant. Man habe also eine Trendwende erreicht.
Der CDU-Abgeordnete Eichelbaum nannte die Antworten Ludwigs im Ausschuss „unerträglich“. „Sie verniedlichen, Sie beschönigen“, warf er dem Minister vor. „Sie hätten wissen müssen, wie die Situation am Landgericht Potsdam ist“, sagte Eichelbaum. Das von Clavee geschilderte strukturelle Problem bestehe bereits seit Jahren. „Deshalb hätte die Landesregierung schon vor längerer Zeit reagieren müssen.“
Tatsächlich ist am Landgericht Potsdam noch wenigstens ein prominenter Fall anhängig: Denn Rechtsanwalt Sven-Oliver Milke, der den verurteilten Mörder vor Gericht vertritt, vertritt auch den Nauener Neonazi Maik Schneider, der wegen schwerer Brandstiftung derzeit vor Gericht steht und seit 2016 in Untersuchungshaft sitzt.
Am Freitag hatte er vor dem Landgericht Potsdam einen Eilantrag auf Haftprüfung eingereicht. Dass der Haftbefehl gegen Schneider in der kommenden Woche entweder vom Landgericht oder vom Oberlandesgericht aufgehoben wird, scheint angesichts der langen U-Haft-Dauer Schneiders und im Licht der Haftentlassung des erstinstanzlich verurteilten Mörders derzeit zumindest nicht ganz ausgeschlossen. Von Benjamin Lassiwe
Quelle: Lausitzer Rundschau, 15.12.2018