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Opposition greift Justizminister im Rechtsausschuss scharf an
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- Mittwoch, 09. Januar 2019 09:22
Sondersitzung zur Freilassung von zwei Häftlingen wegen zu langer Verfahren. Ludwig will Begründung des Gerichts abwarten Potsdam - Nach der Haftentlassung des mutmaßlichen Brandstifters und früheren NPD-Politikers Maik Schneider hat die CDU-Opposition im Rechtsausschuss des brandenburgischen Landtages Justizminister Stefan Ludwig (Linke) scharf angegriffen. Der wiederum verwies darauf, dass Entlassungen aus der Untersuchungshaft kein Brandenburg-typisches Problem seien. Bundesweit habe es im vergangenen Jahr 50 solcher Fälle gegeben, darunter allein 14 in Sachsen. Zuvor hatte Ludwig die Frage des CDU-Landtagsabgeordneten Danny Eichelbaum mehrmals nicht beantworten können, bei wie vielen Untersuchungshäftlingen die Entlassung drohe, weil ihre Verfahren zu lange dauerten.
Dies hatte Eichelbaum bereits Mitte Dezember im Ausschuss gefragt, nachdem schon damals ein verurteilter Mörder wegen seines überlangen Verfahrens aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. Er war in erster Instanz zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, auch vom Potsdamer Landgericht, weil er seine Ehefrau durch einen gezielt herbeigeführten Autounfall umgebracht haben soll. Der Fall hatte bereits Wellen geschlagen. Nun kam die Freilassung Schneiders hinzu. Die AfD forderte deshalb am Dienstag erneut den Rücktritt des Ministers. Die CDU befürchtet, dass es jederzeit zu weiteren Entlassungen wegen überlangen Zeiten in der U-Haft kommen könne, die nur in begründeten Ausnahmefällen länger als sechs Monate sein darf. Schneider war im Frühjahr 2016 festgenommen worden, damit saß er seit zwei Jahren und zehn Monaten in Untersuchungshaft. Es habe mehrere Brandbriefe aus der Justiz gegeben, so die Union. Weitere Entlassungen seien deshalb zu befürchten. Der Justizminister kam mit leeren Händen.
Er entschuldigte die Verzögerung mit den Ferien in den Verwaltungen während der Weihnachtszeit, er wolle die geforderten Zahlen zur nächsten regulären Ausschusssitzung vorlegen. Die ist am 17. Januar. Der CDU-Abgeordnete Jan Redmann beharrte dagegen darauf, dass der Bericht unverzüglich vorgelegt werden müsse. Dies habe der Minister ganz offensichtlich versäumt, sagte Redmann. Die Opposition will Ludwig dafür verantwortlich machen, dass die Gerichte mit zu wenig Richtern und Staatsanwälten ausgestattet und daher überlastet sind. So betrage die durchschnittliche Verfahrensdauer am Landgericht Potsdam inzwischen 15 Monate, hieß es. 2013 seien es noch 7,8 Monate gewesen, was dem aktuellen Bundesdurchschnitt für Verfahren an Landgerichten entspricht. Ludwig hielt entgegen, dass das Landgericht Potsdam - nach dem bundesweit für die Personalausstattung in der Justiz verwendeten Standard - auskömmlich ausgestattet sei. Er verwies auch darauf, dass das Brandenburger Oberlandesgericht im Fall Schneider bislang lediglich in einer Pressemitteilung mehrere vermeidbare Verzögerungen im Verfahren als Grund genannt habe. Um sich ein Urteil zu bilden, müsse er zunächst die Begründung der Entscheidung abwarten, die für kommenden Dienstag angekündigt ist. Anschließend werde er sich bei der nächsten Ausschusssitzung am Donnerstag kommender Woche dazu äußern. Ludwig betonte aber, dass Schneider seiner Strafe nicht entgehen werde.
Der Prozess sei bis Mitte März durchterminiert. Die Landesregierung bleibe beim Thema Bekämpfung des Rechtsextremismus' „bei ihrem strikten Kurs“. Maik Schneider war im Februar 2017 zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nach Ansicht des Gerichts hatte Schneider mit seinen Komplizen die Nauener Turnhalle im August 2015 vorsätzlich in Brand gesetzt, um zu verhindern, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden. Durch den Brandanschlag entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro. Dieses Urteil war vom Bundesgerichtshof im März 2018 wegen der Befangenheit eines Schöffen aufgehoben worden. Der 31-Jährige muss sich nun in einem Revisionsprozess vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Zum nächsten Termin am heutigen Mittwoch kann er als freier Mann erscheinen. Klaus Peters (mit thm, epd)
Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 09.01.2019