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Pensionswelle: Brandenburg verliert hunderte Richter und Staatsanwälte

Bis 2030 verabschieden sich mehr als die Hälfte aller Brandenburger Richter und Staatsanwälte in den Ruhestand. Das geht aus Zahlen des Justizministeriums hervor. Die CDU spricht von einer alarmierenden Situation.

Potsdam. Brandenburgs Gerichten steht im kommenden Jahrzehnt ein erheblicher personeller Aderlass bevor: Bis 2030 gehen mehr als die Hälfte aller Richter und Staatsanwälte in den Ruhestand. Das teilte das Justizministerium auf Anfrage der CDU-Landtagsfraktion mit. „Auf die Gerichte im Land rollt eine Pensionswelle ungekannten Ausmaßes zu“, sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU, Danny Eichelbaum.

Den Zahlen zufolge scheiden in diesem und im nächsten Jahr zusammen 330 Mitarbeiter an den Gerichten aus. Nach 2021 steigt diese Zahl deutlich auf jeweils über 200 Abgänge pro Jahr. Zum Stichtag 31. Dezember 2018 gab an den Gerichten des Landes knapp 3000 Mitarbeiter. 

Die überwiegende Mehrheit (gut 2200) ist an den Amts- und Landgerichten tätig, die übrigen an den Arbeits-, Sozial-, Finanz- und Verwaltungsgerichten. Dazu kommen etwa 200 Mitarbeiter im Ministerium und 340 Referendare, die sich auf das zweite juristische Staatsexamen vorbereiten.

Von den 495 Richterplanstellen an den Amts- und Landgerichten waren zuletzt 476 besetzt. 62 Prozent der derzeit aktiven Richter werden dort bis 2030 ausscheiden. An den Sozialgerichten erreichen 42 Prozent der rund 130 Richter in den nächsten elf Jahren die Altersgrenze. Bei den Verwaltungsgerichten erreichen 44 Prozent der 87 Richter das Rentenalter, an den Arbeitsgerichten 66 Prozent der 35 Richter. Bei den 234 Staatsanwälten scheidet bis 2030 etwa jeder zweite aus.

In der Berechnung des Ministeriums, die der MAZ vorliegt, werden für jedes Jahr zwischen 2018 und 2030 die zu erwartenden Abgänge an den Gerichten beziffert: Zusätzlich zu der exakten Zahl der Justiz-Mitarbeiter, die sich in den Ruhestand verabschieden oder in die passive Phase der Altersteilzeit eintreten, wird jedes Jahr eine allgemeine Fluktuation in einer Höhe von ein Prozent aller Vollzeitmitarbeiter unterstellt. 

Viele Gerichte in Brandenburg sind wegen der hohen Zahl unerledigter Verfahren überlastet. Die Verfahrensdauer an den Verwaltungs-, Sozial- und Amtsgerichten ist deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Um die Verfahren zu beschleunigen, hatte das Kabinett kürzlich beschlossen, ab sofort 35 Richter und Staatsanwälte sowie 45 weitere Justizmitarbeiter einzustellen. 

„Schönreden und aussitzen“

Trotz dieser neuen Stellen bleibe die Personalsituation an den Gerichten „dramatisch“, sagte Eichelbaum. Allein am Landgericht Potsdambräuchten die Strafkammern in der aktuellen Besetzung zwei Jahre, um die Altfälle abzuarbeiten. Er kritisierte die Landesregierung und Justizminister Stefan Ludwig. Die Probleme in der Justiz würden „ignoriert, schöngeredet oder einfach ausgesessen“. Leidtragende seien die Bürger, die immer länger auf gerichtliche Entscheidungen warten müssten. 

Eichelbaum sprach sich für eine Personalpolitik aus, die jungen Richtern bessere Aufstiegsmöglichkeiten biete. Er forderte einen „Masterplan 2030“ für die Justiz in Brandenburg. Nötig sei – neben einer Werbekampagne für angehende Juristen – eine höhere Besoldung der Richter auf dem Niveau anderer Bundesländer. Derzeit verdienen sie in Brandenburg und Berlin wenigsten. Justizminister Ludwig hatte im Januar in einem MAZ-Interview erklärt, die Zahl der Absolventen an den juristischen Fakultäten in Potsdam und Frankfurt (Oder) sei groß genug. Von Thorsten Keller

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 22.03.2019

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