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Richter können künftig bis 70 arbeiten

Potsdam (MOZ) Immer wieder musste Justizminister Stefan Ludwig (Linke) die Novelle des Richtergesetzes verschieben. Es sollte der große Wurf werden.

Was herauskam war hoch umstritten und wird nun im Parlament deutlich korrigiert. Größter Streitpunkt war das Vorhaben, einem Richter ein weiteres Richteramt bis zur Hälfte seiner Arbeitszeit zu übertragen – auch gegen seinen Willen. Damit sollte die Tatsache ausgehebelt werden, dass Richter nicht gegen ihren Willen in eine andere Gerichtsbarkeit versesetzt werden können.

Angesichts des Richtermangels in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und an den Verwaltungsgerichten hätten Arbeitsrichter dort aushelfen können. In einer Anhörung des Rechtsausschusses hatten die meisten Experten verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine "Halbtagszwangsversetzung" geäußert.

Die rechtspolitischen Sprecher von SPD, Linker, CDU und Grünen haben sich daraufhin zusammengesetzt und einen Antrag geschrieben, der diesen Passus in Ludwigs Gesetzentwurf streicht. Stattdessen wollen sie eine alte Forderung des Richterbundes ins Gesetz aufnehmen, dass Richter künftig ihre Arbeitszeit freiwillig bis zum 70. Lebensjahr verlängern können. Das Justizministerium hatte bislang immer erklärt, dass es dafür keinen Bedarf gebe.

Ein Passus, den die vier Rechtspolitiker ins Gesetz aufnehmen wollen, sorgt sowohl im Ministerium als auch bei den Direktoren und Präsidenten der Gerichte für Aufregung. Unter dem Titel "Mitbestimmung" heißt es: "Der Richterrat bestimmt  bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mit, die die Richterinnen und Richter insgesamt oder im Einzefall betreffen oder sich auf sie auswirken." Kritiker sehen darin eine "totale" Mitbestimmung, wie sie keinem anderen Berufszweig innerhalb der Landesregierung zugestanden wird.

Der Richterrat, den die Richter aus ihrer Mitte wählen, müsste demnach jeder Verwaltungsentscheidung, auch in Bezug auf die nichtrichterlichen Mitarbeiter zustimmen. "Das geht  bis zur Entscheidung, neues Toilettenpapier zu kaufen", unkt schon mal ein Kritiker. Auch im Parlament gibt es Befürchtungen, dass damit einzelne Gerichte, bei denen sich die Direktoren mit dem Richterrat nicht grün sind, blockiert werden und auf Entscheidungen von der nächst höheren Ebene warten müssen. Deshalb sollen die betroffenen Verbände schriftlich um eine Stellungnahme gebeten werden.

Danny Eichelbaum, Vorsitzender des Rechtsausschusses im Landtag und rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, erklärt: "Wir wollen den Einstieg in die richterliche Selbstverwaltung." Sein Kollege von der SPD, Erik Stohn, begründet die ungewöhnliche Allianz aus Koalition und Opposition damit, dass man noch einmal ein Zeichen zur Stärkung der Justiz im Land habe setzen wollen.

Auf Kritik stößt sowohl der Gesetzentwurf von Ludwig als auch die geplanten Änderungen in der Justiz, weil eigentlich Berlin und Brandenburg wegen der gemeinsamen Obergerichte ihre Richtergesetze angleichen sollen. Das sieht ein gemeinsamer Staatsvertrag vor. Mit dem Gesetz gehen wir voraus, so Eichelbaum. Nun müssten die beiden Regierungen verhandeln, wie die Gesetze wieder angeglichen werden können.

Quelle: Märkische Oderzeitung, 15.05.2019

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