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Kriminelle Vereinsmeier - Schleswig-Holstein verbietet zwei Rockervereine / CDU sieht darin ein Vorbild für Brandenburg

Klaus Schlie, Innenminister von Schleswig-Holstein, zog die Reißleine: Nachdem in den vergangenen Monaten ein blutiger Rockerkrieg eskaliert war, ließ er gestern zwei Rockervereine in Flensburg und Neumünster verbieten. „Jetzt ist die Zeit zum Handeln“, sagte der CDU-Politiker, der dafür prompt Applaus von märkischen Parteifreunden erhielt. Der Rechtsexperte der CDU-Landtagsfraktion in Potsdam, Danny Eichelbaum, forderte auch für Brandenburg ein Verbot krimineller Clubs: „Rockerbanden dürfen nicht zum Staat im Staate werden.“

Ausschließen will Brandenburgs Innenminister Rainer Speer (SPD) Verbote im Kampf gegen rivalisierende Rockerbanden nicht. Er unterstütze alle geeigneten Maßnahmen, sagte er. „Vereinsverbote sind aber kein Allheilmittel.“ Die Debatte über ein bundesweites Vorgehen gegen das kriminelle Milieu müsse von den Innenministern der Länder mit dem Bund abgestimmt werden.

Gestern früh hatten rund 300 Polizisten Wohnungen und Vereinsheime in Flensburg und Neumünster durchsucht, um Beweise sicherzustellen, Vermögen einzuziehen und damit das Verbot zweier Ortsvereine der Hells Angels und der Bandidos umzusetzen. Gegen mehrere Mitglieder laufen derzeit Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, illegalen Waffenbesitzes oder Nötigung.

Es ist das vierte Verbot von kriminellen Rockerclubs in Deutschland. Zuletzt ließ der damalige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) vergangenes Jahr die „Chicanos MC“ in Eberswalde (Barnim) verbieten. Im benachbarten Finowfurt war es zuvor zu blutigen Kämpfen gekommen – einem Hells-Angels-Mitglied war mit einer Axt das Bein fast abgetrennt worden. Speer sagte gestern, Brandenburg werde bei der Innenministerkonferenz Ende Mai seine Erfahrungen mit diesem Verbot einbringen.

Das Verbot von Schleswig-Holstein ist auch ein Schlag gegen die rechte Szene. Unter den Verhafteten Bandidos soll der ehemalige NPD-Landeschef Peter B. sein. Auch in Brandenburg warnen Kriminalisten vor der Anziehungskraft, die das Milieu auf Rechtsextreme und Hooligans ausübt. „Viele Mitglieder wurden aus der so genannten Hooligan-Szene und auch aus gewaltbereiten rechtsextremistischen Kreisen rekrutiert“, sagte Karina Schulter, Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA). Die Szene wird aber laut Innenministerium nicht vom Verfassungsschutz beobachtet.

Eigentlich gelten die Bandidos laut LKA als eher „migrantenfreundlich“. Doch Anfang des Jahres wechselten 70 Berliner Bandidos mit teils ausländischen Wurzeln die Fronten und liefen zu den verfeindeten Hells Angels über. Vermutlich spielten ausländerfeindlicher Tendenzen bei dem in Potsdam besiegelten Deal eine Rolle. Einer der Überläufer wurde Anfang der Woche festgenommen. Das Mitglied der „Hells Angels Turkey“, einer türkischen Abteilung des Clubs, hatte auf offener Straße einen Passanten mit einem Messer attackiert.

Im Kampf gegen die Szene arbeiten Berlin und Brandenburg eng zusammen. Danny Eichelbaum kritisierte, die Maßnahmen hätten bisher nicht ausgereicht. Also sollten Speer und Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dem Beispiel Schleswig-Holsteins folgen. „Die verfeindeten Rockerbanden verstoßen gegen die verfassungsgemäße Ordnung“, sagte er.

„Über mögliche Vereinsverbote spricht man vorher nicht, man vollzieht sie“, sagte Speer. Ähnlich sieht das sein Amtskollege in Schleswig-Holstein. „Ein Vereinsverbot macht man oder man lässt es bleiben“, so Schlie. „In dem einen wie dem anderen Fall redet man aber vorher nicht öffentlich darüber.“ (Von Torsten Gellner)

Verbieten – aber wie?
Vereinsverbote sind im Grundgesetz geregelt. Innenminister können Vereine gemäß Artikel 9 verbieten, „deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten“.

Rockerclubs organisieren sich dezentral in Ortsvereinen. Ein flächendeckendes Verbot ist daher schwierig.

Bereits 1983 wurde in Hamburg eine Abteilung der Hells Angels verboten. Im Jahr 2000 kam das Aus für eine Düsseldorfer Abteilung. In Brandenburg wurde im August 2009 der Rockerclub „Chicanos MC Barnim” als Unterstützergruppe der gewaltbereiten „Bandidos” verboten.

Mitglieder des Vereins waren im Februar mit einer Klage gegen das Verbot vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gescheitert. Es ist rechtskräftig. gel

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 30.04.2010

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