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Schöneburg kritisiert Billigung der Sicherungsverwahrung - Justizminister befürchtet häufige Anwendung - Opposition sieht Brandenburg isoliert
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- Sonntag, 19. Dezember 2010 22:16
Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) hat die Billigung der neu geregelten Sicherungsverwahrung durch den Bundesrat kritisiert. Er bedauere, dass die Länderkammer am Freitag nicht den Vermittlungsausschuss angerufen habe. Dies hatte der Minister beantragt. Das Gesetz war Anfang Dezember mit den Stimmen von Union, FDP und SPD im Bundestag verabschiedet worden.
Schöneburg äußerte erneut die Befürchtung, dass die Sicherungsverwahrung mit dem neuen Gesetz häufiger als nötig angeordnet werden könne. Die Sicherungsverwahrung sei «des schärfste Schwert, das im deutschen Strafrecht zur Anwendung kommt.» Deshalb müsse ein derart umfassender Freiheitsentzug die absolute Ausnahme sein. Tatsächlich könne sie aber auch bei Erpressungsdelikten, Betäubungsmittelstraftaten, Staatsschutzdelikten und sogar wegen eines Verstoßes gegen Weisungen der Führungsaufsicht verhängt werden. Das sei ein Verstoß gegen das «ultima-ratio-Prinzip», sagte Schöneburg.
Opposition kritisiert Schöneburgs Ablehnung
Die Oppositionsfraktionen im Brandenburger Landtag kritisierten die Ablehnung des Justizministers. Wenn Schöneburg von einer inflationär angewandten Sicherungsverwahrung spreche, sei dies «einfach falsch», sagte die Rechtsexpertin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg. Der Katalog der Anlasstaten sei eingeschränkt und die nachträgliche Verwahrung abgeschafft worden. Mit der Reform werde es möglich, die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu schützen und gleichzeitig die «rechtsstaatlichen Anforderungen an dieses 'letzte Mittel der Kriminalpolitik' zu wahren», sagte Teuteberg.
Nach Ansicht des CDU-Justizexperten Danny Eichelbaum hat Schöneburg das Land Brandenburg durch die Ablehnung der Reform in Deutschland «endgültig isoliert». Mit der Reform habe die Bundesregierung nicht nur die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt, sondern auch den «berechtigten Sorgen unserer Bürger Rechnung getragen».
Anlass für die Neuregelung ist das Urteil des Europäischen Gerichthofs für Menschenrechte vom Dezember 2009, wonach eine nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Seit Anfang 1998 erlaubte das Gesetz in Deutschland, die Sicherungsverwahrung für gefährliche Straftäter unbefristet zu verlängern - auch wenn die Taten vor 1998 begangen wurden. Bis dahin hatte eine Höchstdauer von zehn Jahren gegolten. Nach dem Urteil mussten daher Personen, die vor dem 30. Januar 1998 in Sicherheitsverwahrung genommen worden waren, freigelassen werden.
Quelle: DAPD, 17.12.2010