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Woidke kontra Schöneburg - Justizminister der Linken zieht bei Polizeireform nicht richtig mit und bringt die SPD gegen sich auf
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- Samstag, 19. März 2011 09:18
Vor ein paar Wochen saßen die Spitzen des Innen- und Justizministeriums zum vorerst letzten Mal zusammen. Seit dem herrscht Funkstille. Die Ankündigung von Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke), die bereits für Ende 2010 versprochene Anpassung der Landgerichtsbezirke an die vier neuen Regionaldirektionen der Polizei erst zum 1. Januar 2014 vorzunehmen, hat bei der SPD massive Verstimmung ausgelöst. „Das ist viel zu spät“, sagte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) gestern der MAZ. Mit der Konzipierung eines neuen Wachenmodells setzt er gegenwärtig den Schlusspunkt unter die Reform der Polizei. Ab 1. Januar 2012 soll in der neuen Struktur gearbeitet werden.
„Es war abgesprochen, dass parallel dazu die Bezirke der Landgerichte und Staatsanwaltschaften synchronisiert werden“, so Woidke. Argumente der Justiz, die etwa Personalumsetzungen oder diverse bauliche Veränderungen betreffen, seien nicht schlüssig. „Solche Probleme haben wir bei der Polizei auch und müssen die Reform trotzdem durchsetzen, um das Land angesichts knapper Finanzen zukunftsfest zu machen.“ Woidke hofft auf ein Einlenken Schöneburgs. Dieser will nicht generell ausschließen, dass die Anpassung der Gerichtsbezirke noch vor 2014 in Kraft tritt. Sein Sprecher Frank Schauka sagte, das müsse aber noch eingehend geprüft werden.
Die Widerstände in der Justiz belasten zunehmend das Verhältnis der Koalitionspartner zueinander. In der SPD hält man den Linken vor, sich bei unangenehmen Operationen in die Büsche zu schlagen. „Wir handeln uns mit der Polizeireform massenhaft Ärger ein, und der Justizminister lässt sich feiern, weil er verkündet, dass alles bleibt, wie es ist“, grollte ein SPD-Landtagsabgeordneter. Ihn und andere bringt auf die Palme, dass Schöneburg Lösungen immer wieder mit Ausweichmanövern unterlaufe anstatt selbst mal den Reformminister zu geben und Veränderungen durchzuboxen. So hatte er sich auf dem Landesparteitag der Linken Anfang März absegnen lassen, dass alle 25 märkischen Amtsgerichte „ihre Berechtigung haben“.
Beim Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG), Wolf Kahl, löste diese Einschätzung freilich viel Zustimmung aus, bei der SPD hingegen deutliches Unverständnis. Man war davon ausgegangen, dass Schöneburg im Zuge der Anpassung der Landgerichtsbezirke auch die Zahl und Struktur der märkischen Amtsgerichte überdenkt. Einen entsprechenden Arbeitsauftrag beinhaltet auch der Koalitionsvertrag. Justizsprecher Schauka verweist darauf, dass 25 Amtsgerichte bei der Größe des Landes durchaus keine üppige Zahl seien. Das Land Niedersachsen habe 80 Gerichte, gemessen an dessen Größe käme die Mark auf 40. Durch eine Reduzierung der Gerichte seien auch kaum Einsparungen zu erzielen. Man könne Richter nicht entlassen und die Gebäude seien im Landesbesitz.
Rückendeckung erhält Justizminister Schöneburg von OLG-Präsident Kahl. Brandenburg habe kaum noch richtig kleine Gerichtsstandorte mit ein oder zwei Richtern wie etwa Baden-Württemberg. Zudem bedeute das Amtsgericht in der Nähe für den Bürger „den Rechtsstaat vor Ort“.
Wie Inneminister Woidke, der gleichzeitig Vizelandes-chef der SPD ist, sagte, wolle er seinem Kollegen Schöneburg keinesfalls in Zuständigkeiten hineinreden. Aber über eine Straffung von Strukturen nachzudenken, müsse möglich sein. Die letzte brandenburgische Justizreform liege bereits 18 Jahre zurück.
In der vorigen Wahlperiode hatte sich die damalige CDU-Justizministerin Beate Blechinger an einer Gerichtsreform versucht. Sie scheiterte auch am Widerstand der Lobby-Verbände in der Justiz.
Nach Angaben von Woidke hat das Land ab 2012 rund 65 Millionen Euro für Investitionen und Erweiterungsbauten an Justizstandorten eingeplant. Dieses Geld müsse „demografiefest“ angelegt werden. Es wäre fatal, wenn Gerichte ausgebaut würden und danach wegen sinkender Fallzahlen geschlossen werden müssten. Vor diesem Hintergrund fordert auch der rechtspolitische Sprecher der CDU-Landtagfraktion, Danny Eichelbaum, von Rot-Rot ein abgestimmtes Konzept für eine Gerichtsneugliederung. (Von Volkmar Krause)
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 19.03.2011