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Brandenburgs Justiz kalt erwischt
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- Donnerstag, 07. April 2011 08:08
Eine parlamentarische Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Danny Eichelbaum nach Fällen von Stasi-Belastung sorgt jetzt in Brandenburger Justizkreisen für helle Aufregung. Denn mit der Antwort der Landesregierung wird allmählich klar, dass vieles im Vorleben der Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte des Landes im Dunkeln liegt.
Richter, die einst für die Stasi gespitzelt haben, Staatsanwälte, die an politischen Verfahren beteiligt und Rechtsanwälte, die als frühere Richter für menschenverachtende Urteile verantwortlich waren – keiner kann dies im Moment ausschließen.
Im Justizministerium wurde jetzt und offenbar erstmals seit vielen Jahren in den Personalakten noch einmal genauer überprüft, unter welchen Voraussetzungen nach 1989 frühere DDR-Juristen weiter arbeiten konnten und was in der Zwischenzeit noch an neuen Erkenntnissen hinzugekommen sein könnte.
Das Ergebnis dieser ersten Durchsicht ist im Bezug auf die Richter eher beruhigend. Drei Personen sollen demnach früher Bezug zur DDR-Staatssicherheit gehabt haben, aber nur einer davon ist ein bemerkenswerter Fall. Darüber wird laut Auskunft des Ministeriums Justizminister Volkmar Schönburg (Linke) mit den Abgeordneten des Justizausschusses des Landtags am heutigen Donnerstag sprechen.
Bei den Staatsanwälten sind noch keine genaueren Erkenntnisse verfügbar. Schönburg hatte zunächst die Forderung nach einer erneuten Überprüfung des Justizpersonals durch die Stasi-Unterlagenbehörde zurückgewiesen und war dabei auch selbst überrascht worden von den in seinem Haus schon Vorhandenen, offenbar seit Jahren ignorierten Fakten. Er sagte dann, es handle sich zumeist um „Grenzfälle“. Der Minister stuft beispielsweise den zumeist dreijährigen Dienst beim Stasi-Wachregiment so ein. Tatsächlich waren die Tätigkeiten dort eher mit denen in anderen militärischen Einheiten vergleichbar und hatten nur in seltenen Fällen direkten Bezug zur Arbeit der Geheimpolizei.
Da allerdings die Erforschung der Vergangenheit von einst in der DDR beschäftigten Juristen bereits 1992 weitgehend beendet wurde, sind nicht nur in Bezug auf die Staatssicherheit noch Überraschungen möglich. Denn auch die Auswertung von Gerichts- oder Parteiakten ist seitdem vorangeschritten und mit ihr die Kenntnis über gravierende Verstöße gegen die Menschenrechte. Die Kriterien, nach denen zu Anfang der 1990er-Jahre die Übernahme in den Landesdienst abgelehnt wurde, waren nicht allzu streng.
Nur wer sich mit Willkürakten hervor getan hatte, die nahe am Tatbestand der Rechtsbeugung lagen, wurde ausgeschlossen. Völlig offen ist derzeit noch, wie sich die Situation bei den Rechtsanwälten darstellt. Eichelbaum sagt, „dass diese Berufsgruppe leider viel zu wenig Aufmerksamkeit findet“. Er verweist darauf, dass Anwälte als Organe der Rechtspflege besondere Rechte beispielsweise beim Zugang zu geschützten Daten genießen und darüber hinaus privilegiert sind gegenüber den Strafverfolgungsbehörden.
Tatsächlich sind inzwischen Fälle bekannt geworden, bei denen einstige DDR-Richter, die zunächst keine Zulassung als Anwälte erreichen konnten, von den Kammern doch noch die Erlaubnis zur Berufsausübung erhielten. Die Kammern wiederum sind in ihrer Entscheidung relativ unabhängig vom Justizministerium. Von Johann Legner
Quelle: Lausitzer Rundschau, 07.04.2011