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Sicherungsverwahrung: Schöneburg will mit Nachbarn kooperieren - Hohe Kosten erwartet
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- Montag, 09. Mai 2011 05:06
Nach dem Urteil zur Sicherungsverwahrung will Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) seine Gespräche mit anderen Ländern vorantreiben. „Auf die Länder kommen – wie erwartet – immense Kosten zu. Das können wir nicht im Alleingang stemmen“, sagte Schöneburg. „Klar ist, dass wir nun in bauliche Projekte investieren müssen, um wie gefordert eine deutliche Abgrenzung zwischen der Strafhaft und der Sicherungsverwahrung zu erreichen“, sagte der Minister. „Vor allem muss aber im therapeutischen Bereich investiert werden.“
Gemeinsam mit Berlin hat Brandenburg ein Eckpunkte-Papier für den künftigen Vollzug der Sicherungsverwahrung erarbeitet. Dieses habe sich laut Schöneburg bereits am Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte orientiert, das die rückwirkende Verlängerung der Sicherungsverwahrung in Deutschland für unzulässig erklärt hatte. Brandenburg und Berlin wollen die härteste Sanktion, die das deutsche Strafrecht kennt, möglichst durch eine engmaschige und individuelle Betreuung vermeiden. Jetzt gehe es laut Schöneburg darum, dies in ein Gesetz umzusetzen. Das Ministerium arbeitet am Entwurf für ein Landesvollzugsgesetz; 2012 soll es verabschiedet sein. Dann soll eine Ergänzung zur Sicherungsverwahrung folgen.
„Durch das Urteil hat sich der Zeitdruck insgesamt erhöht“, sagte Schöneburg. Er werde darum versuchen, die Zusammenarbeit mit Berlin zu konkretisieren und Standortfragen zu klären. „Es ist aber fraglich, ob dies vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus gelingt.“ Darum will der Linkspolitiker auch die Gespräche mit Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern vertiefen. Für die Haushaltsverhandlungen im eigenen Land sieht sich Schöneburg durch das Urteil in einer besseren Position: „Wir haben einen klaren Auftrag und dieser muss bei der Planung des Personalbedarfs berücksichtigt werden“, betonte er. „Noch weniger Bedienstete im Vollzug sind unmöglich.“
Der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum, bot dem Minister die Zusammenarbeit seiner Partei an. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass dieser auch die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung beachte. Deshalb müsse es in Brandenburg ein zentrales Melderegister für Schwerstverbrecher geben. (Von Marion van der Kraats, dpa)
MAZ-Kommentar
Marion Kaufmann über das Brandenburger Konzept zur Sicherungsverwahrung Nicht zum Nulltarif
Brandenburg hat vorausgedacht. Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern ist die Mark in der komfortablen Situation, bereits ein Konzept zur Reform der Sicherungsverwahrung in der Schublade zu haben, das den Anforderungen des jüngsten Urteilsspruchs der Karlsruher Verfassungsrichter im Wesentlichen entspricht. Doch mehr als ein Stück Papier ist das gemeinsame Konzept mit Berlin bislang nicht. Die Umsetzung der Vorgaben wird ein hartes Stück Arbeit. Die räumlichen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für einen geänderten Vollzug der Sicherungsverwahrung müssen erst noch geschaffen werden. Die einfache Formel „Straftäter entlassen bedeutet Personal entlassen“ geht nicht auf – im Gegenteil. Das Brandenburger Konzept sieht neben einer Unterbringung für Sicherungsverwahrte, die sich deutlich von der Haft unterscheiden muss, vielfältige Therapieangebote zur Reintegration vor. Wie das bei einem geplanten Stellenabbau in der Brandenburger Justiz geleistet werd en soll, ist offen. Auch das Sicherheitsbedürfnis der Bürger darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Die Einführung eines zentralen Melderegisters für Sexualstraftäter könnte diesem Bedürfnis Rechnung tragen. Doch auch das gibt es nicht zum Nulltarif.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 09.05.2011