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Kurswechsel bei der „Landeskinder-Regelung“

Potsdam Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) hat in zumindest einem Fall dem Druck aus Berlin nachgegeben und wird jetzt die Besetzung einer der höchsten Richterstellen Brandenburgs durch Bewerber aus anderen Bundesländern zulassen.

Die Ausschreibung der Stelle des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, die im Februar noch den Bewerberkreis auf Brandenburger Richter einschränkte, wurde durch eine kurze Notiz im Ministerialblatt „zurückgenommen" und durch eine neue ersetzt, die auch Bewerbungen aus Berlin zulässt.

An genau dieser Stellenausschreibung hatte sich der Konflikt mit der Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) entzündet, der zu einem Protestschreiben aus Berlin führte, in dem die Berliner Politikerin ihrem Brandenburger Kollegen Täuschung vorgeworfen hatte. Die Neuformulierung der Ausschreibung wurde am Mittwoch von Schöneburg lediglich damit kommentiert, dass es sich bei dem Vizepräsidenten des OLG um einen „Ausnahmefall" handle. Warum dieser erst jetzt als solcher erkannt wurde, bleibt dabei allerdings offen. Ähnliche Ausnahmefälle könnten laut Auskunft Schöneburgs auch andere „höchste Richterstellen" sein. In diesem Jahr wurden von den sieben ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppen R3 und höher allerdings zunächst alle ausschließlich für Brandenburger ausgeschrieben.

Deutliche Kritik an dem neuesten Schwenk des Justizministers kommt vom Vorsitzenden des Brandenburger Richterbundes, Matthias Deller. „Nachdem inzwischen das Bewerberverfahren seit vielen Monaten läuft, irritiert dieser Neustart", sagt er. Er verweist darauf, dass für einen solchen Stopp eines Auswahlverfahrens nach der Rechtsprechung eine sachliche Begründung zwingend notwendig ist, die er derzeit nicht erkennen könne und dass das Verfahren „eine Gefälligkeit gegenüber Berlin zu sein scheint".

Für die Stelle, die zu dem Dutzend der am besten dotierten Richterämter des Landes zählt, hatten sich mehrere Brandenburger bereits im Frühjahr beworben. Interessiert war allerdings auch ein Berliner Kollege, dessen Wechsel ins Nachbarland offenbar auch von der Justizsenatorin befürwortet worden war, die angesichts der inzwischen weitgehend integrierten Justizlandschaft darauf drängt, auch Personalentscheidungen stärker zu koordinieren und glaubte, auch eine entsprechende Zusage von Schöneburg erhalten zu haben. Mit der neu formulierten Ausschreibung könnte der jetzt den Berliner zur Abstimmung im Richterwahlausschuss benennen und damit den Streit mit Berlin zumindest entschärfen. Der Kurswechsel bei der „Landeskinderregelung" bezieht sich derzeit allerdings ausschließlich auf die Stelle am Oberlandesgericht.

Ansonsten engt Schöneburg den Bewerberkreis auch für Führungspositionen in der Justiz weiterhin ein – ein Vorgehen, das auch aus Sicht Dellers rechtlich umstritten ist. Denn die offizielle Begründung für das fragwürdige Verfahren greift für ihn nicht. Mit der „Landeskinder-Regelung" werde der Beförderungsstau nicht beseitigt, mit dem sich die Justiz herumschlage. Ein gutes halbes Dutzend Richter arbeiten inzwischen über fünf Jahre ohne eine förmliche Ernennung, weil die Stellen, die sie besetzen, in der Personalplanung des Finanzministeriums nicht vorgesehen sind. Sie werden zwar benötigt und auch voll bezahlt, sind durch ihren Status als Proberichter inzwischen aber längst ein grundsätzliches Problem. Denn es gehört zu den Grundsätzen eines Rechtsstaates, dass Richter nicht über solch lange Zeiträume in einem ungesicherten Beschäftigungsverhältnis gehalten werden.

Eine schnelle Beseitigung dieses schwerwiegenden Besetzungsmangels wäre nur durch eine Einigung des Justizministers mit seinem Kollegen im Finanzressort möglich. Die Probleme bei den Proberichtern sind aus Sicht des Richterbundes dann zu lösen, wenn bei der Stellenplanung dem tatsächlichen Bedarf Rechnung getragen wird und die vom Finanzminister Helmuth Markov (Linke) zu verantwortende Personalbedarfsplanung entsprechend angepasst wird.

Die CDU stellt aus grundsätzlichen Erwägungen die „Landeskinder-Regelung" generell infrage. Ihr justizpolitischer Sprecher, Danny Eichelbaum, fordert einen Stopp dieser Praxis, weil sie aus seiner Sicht die Auswahl einschränkt und dazu führen kann, dass die besten möglichen Bewerber gar nicht zum Zug kommen. So argumentiert auch die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg, die darüber hinaus fordert, dass nach der Bildung gemeinsamer Obergerichte die Länder Berlin und Brandenburg auch die Personalpolitik besser koordinieren.

Die Regierungsfraktionen verteidigten bislang das Vorgehen des Justizministers, weil sie darin ein adäquates Mittel sehen, die Personalprobleme zu verringern. Richter, die in Brandenburg ausgebildet würden, brauchten eine Perspektive, sagt die rechtspolitische Sprecherin der Linken, Margitta Mächtig.
Von Johann Legner

Quelle: Lausitzer Rundschau, 18.08.2011

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