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Wegen Dauerbaustelle: Jüterboger Geschäft vor dem Aus

„Das Geschäft ist nicht mehr kalkulierbar“, sagt Ines Wolf. Ihr Laden „Sport 2000 Kuhlmey“ wird das 30. Jubiläum 2019 nicht erleben. Denn die Sanierung der Bundesstraße 102 in Jüterbog hat die Kunden vergrault.

Der Ärger der Händler über die Dauerbaustelle an der Bundesstraße 102 in der Jüterboger Innenstadt ist groß: Verzögerungen im Bauablauf, irreführende Beschilderungen und nun soll auch noch das Weihnachtsgeschäft ausfallen. „Das Geschäft ist für mich nicht mehr kalkulierbar“, sagt Ines Wolf, Chefin von Sport 2000 Kuhlmey. Die Dauerbaustelle hat damit erste gravierende Folgen: Das bekannte Traditionsgeschäft schließt.

Schuld ist ein neuer, noch unbestätigter Bauablauf. Laut dem Plan soll der dritte Bauabschnitt, inklusive der Einfahrt zum Rewe-Parkplatz, bereits ab Ende Oktober gesperrt werden. Der 75 Meter lange Abschnitt soll vor dem Baubeginn im Janaur von Archäologen untersucht werden. Gleichzeitig wird der zweite Bauabschnitt wohl erst Mitte Dezember fertiggestellt.

Die Planungen der Landesbaubehörde werden schon seit langem nicht eingehalten“, kritisiert Ines Wolf. Eigentlich sollte der zweite Bauabschnitt bereits kurz vor dem Ende stehen. Wegen archäologischer Funde verzögerte sich die Bauzeit. Der Plan, den Abschnitt bis Ende September fertigzustellen, konnte nicht gehalten werden. Nun wird die letzte Woche vor Weihnachten anvisiert.

„Meine Hauptgeschäftszeit im Sommer haben sie mir schon geraubt“, sagt Ines Wolf, „und nun soll auch noch das Weihnachtsgeschäft wegfallen, in dem ich als Unternehmerin Zeit gehabt hätte, mich zu regenerieren.“

Zuspruch erhalten die Händler nun vom Vorsitzenden des Brandenburgischen Landtagsausschusses für Infrastruktur und Landesplanung, Danny Eichelbaum (CDU). „Es ist völlig inakzeptabel, dass die vereinbarten Bauzeiten bereits mehrfach nicht eingehalten wurden und dadurch die Existenz von Einzelhandelsgeschäften gefährdet wird“, erklärt er.

Die derzeitige Situation sei kontraproduktiv, vor allem weil mit der Erneuerung auch die Attraktivität der Innenstadt für Touristen erhöht und neue Kaufinteressenten gelockt werden sollten. Eichelbaum kündigte an, sich an Brandenburgs Bauministerin Kathrin Schneider (SPD) zu wenden, um mit ihr Möglichkeiten einer Beschleunigung der Bauarbeiten auszuloten.

Händler fordern Kontrolle und Maßnahmen für schnellen Bau

Für Händler wie Ines Wolf ist es dafür allerdings zu spät. Schon seit mehreren Jahren appellieren die Unternehmer an das Land. Bereits im November 2016 forderte unter anderen IHK-Vizepräsident Uwe Kaim Maßnahmen für eine frühere Fertigstellung des Bauabschnitts, beispielsweise ein Zwei-Schicht-System und Arbeit am Wochenende, vor allem aber Prämien für die Unternehmen, wenn sie schneller fertig sind.

Zu sehen war in diesem Sommer von all dem nichts. „Am Samstag wurde nicht gearbeitet und im Sommer war oft um 14 Uhr Feierabend“, sagt Ines Wolf, die die Arbeiten vor ihrem Geschäft täglich beobachtet. Sie setzte sich nun bei den Stadtverordneten Jüterbogs für eine bessere Kontrolle der Bauarbeiten ein. Denn die habe es bisher gar nicht gegeben, kritisiert Wolf.

Wirtschaftsförderer: „Auch für die Stadt unbefriedigend“

Stadtverordnete und Verwaltung weisen die Vorwürfe der Unternehmer seit mehreren Jahren zurück. „Die Stadt hat keinen Einfluss auf die Bauzeiten“, erklärt Hendrik Papenroth (Für Jüterbog). Die Baustelle sei Landessache. Der zuständige Landesbetrieb Straßenwesen äußerte sich auf MAZ-Anfrage am Montag nicht zu dem Thema.

„Für die Stadt ist die aktuelle Situation genauso unbefriedigend“, sagt Wirtschaftsförderer Christian Seiler. Die Verwaltung verweist darauf, dass es bereits einen Kompromiss für die Unternehmer gäbe. Geplant ist, die Kunden während der Sperrung der Supermarkt-Einfahrt über die Straße Hinter der Mauer zum Parkplatz zu leiten. Auch der Lieferverkehr soll diesen Weg nutzen.

Weil das mit einem erhöhten logistischen Aufwand verbunden ist und der neue, umständliche Weg die Kunden abschrecken würde, sind die Händler damit allerdings nicht zufrieden. „Wenn die Kunden einmal weg sind, sind sie weg“, sagt Unternehmerin Wolf. Das habe sie bereits in den vergangenen Jahren gemerkt. Etwa 50 Prozent weniger Kunden als vor dem Baubeginn vor fünf Jahren verzeichnet ihr Laden inzwischen.

Auch dem Wunsch nach einer geänderten Beschilderung, quasi einem Leitsystem in die Innenstadt, konnte den Händlern trotz intensiver Bemühungen bisher niemand erfüllen. Die Stadt hat nun verstärkt Werbung und Informationen angekündigt, um den Unternehmen unter die Arme zu greifen. Seiler erklärte, dass beispielsweise neue Schilder außerhalb des Stadtgebietes geplant seien, die auf die geöffneten Geschäfte in der Innenstadt hinweisen sollen. Auch die Einzelhändler sollen darauf konkret benannt werden.

„Wir müssen außerdem an das Einkaufsverhalten der Menschen appellieren“, sagt der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Falk Kubitza (SPD). Er will Werbung und Initiativen für den Einkauf in der Region anregen. „Denn wenn unsere Händler einmal aus der Innenstadt verschwunden sind, öffnen sie so schnell nicht wieder.“ Von Victoria Barnack

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 18.09.2018

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