Presseecho / Teltow-Fläming
Stasi-Check für alle. Jüterbogs Stadtverordnete beschließen Überprüfung - Heiße Diskussion über aktuelle Vorwürfe
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- Freitag, 18. Dezember 2009 18:00
Einstimmig haben die Stadtverordneten von Jüterbog beschlossen, sich einer freiwilligen Überprüfung auf die mögliche Tätigkeit für das Ministerium der Staatssicherheit der DDR zu unterziehen. Es wird ein Antrag an die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen („Birthler-Behörde“) gestellt, um herauszufinden, ob einer der heutigen Politiker einst eine Verpflichtungserklärung zur Mitarbeit abgegeben hatte, Berichte über andere schrieb oder von der Stasi Geld oder Geschenke erhielt.
Anlass für die Entscheidung am Mittwochabend waren Vorwürfe gegen die Stadtverordnete Ilona Petzhold (Linke). Sie soll als inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Stasi tätig gewesen sein, ohne dass dies vor der Kommunalwahl 2008 bekannt gewesen wäre. Sie selbst weist von sich, die Öffentlichkeit getäuscht zu haben (siehe Interview). Ihre Fraktion steht hinter ihr, wie Vorsitzende Maritta Böttcher in einer Erklärung (die MAZ berichtete) deutlich machte. Sowohl „auf der Nominierungsveranstaltung“ der Linken als auch „in einer öffentlichen Veranstaltung“ habe Petzhold über ihre Stasi-Kontakte informiert, sagte sie und fügte nach weiteren Vorwürfen hinzu: „Soll sie sich etwa ein Schild umhängen?“
Der CDU genügte das nicht. „Wir wollen ein Stasi-freies Parlament“, sagte Danny Eichelbaum, „die Opfer leiden und die Täter grinsen in die Kameras.“
SPD-Fraktionsvorsitzender Falk Kubitza indes sah „keine akute Notwendigkeit und Dringlichkeit“ für Stasi-Verdächtigungen. „Die Feuer, die im Landtag in Potsdam glimmen, wollen einige nur nach Jüterbog tragen“, sagte er, „man sollte menschliches Versagen auch nicht nur auf die DDR-Zeit beschränken.“
Kritik an beiden politischen Seiten kam aus den – dicht besetzten – Publikumsreihen. Ein Bürger forderte, dass „jeder Stadtverordnete über 34 Jahre ständig überprüft wird“, weil immer neue Stasiakten entdeckt werden. Ein anderer warf der CDU vor, nicht über die IM in den eigenen Reihen zu sprechen. (Von Alexander Engels)
Märkische Allgemeine Zeitung, 18.12.2009