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Filz-Vorwurf gegen den Landrat: Danny Eichelbaum kontra Peer Giesecke - Streit um Abriss des Denkmals Dorfaue 20 in Großbeeren
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- Samstag, 13. März 2010 20:39
Sich durch eine 400 Seiten starke Verwaltungsakte zu arbeiten, gilt gemeinhin nicht als unterhaltsamer Zeitvertreib. Doch Danny Eichelbaum sagt nach der Lektüre eines solchen Papiermonsters im Potsdamer Kulturministerium: „Das hat sich gelesen wie ein Polit-Thriller. Es ist unfassbar.“
Es geht um den geplanten Abriss des eigentlich denkmalgeschützten Gebäudes Dorfaue 20 in Großbeeren (die MAZ berichtete). Für Eichelbaum steht anhand dieses Falls fest, dass in der Kreisverwaltung Filz entstanden ist. „Hier geht es offenbar nicht nach Recht und Gesetz, sondern nach dem Prinzip ,Eine Hand wäscht die andere’.“
Wen der Volljurist Eichelbaum da vor allem ins Visier nimmt, wird schnell klar: Landrat Peer Giesecke (SPD). Eichelbaum ist überzeugt, dass Giesecke möglicherweise rechtswidrig in die Entscheidung über den Abriss eingegriffen hat.
Nach dem Studium der Akten ist es für den jungen Landtagsabgeordneten und CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag „absolut nicht nachvollziehbar“, warum die neue Kulturministerin Martina Münch (SPD) eine Sondergenehmigung für den Abriss erteilt hat. Diese Entscheidung habe sie gegen jeden fachlichen Rat getroffen. So habe Landeskonservator Detlef Karg bei Münch-Vorgängerin Johanna Wanka (CDU) eindringlich dafür geworben, keine Abrissgenehmigung zu erteilen. Im Ministerium stellte man laut Aktenlage zudem fest, dass der Landrat das Vorgehen des Eigentümers „in nicht nachvollziehbarer Weise“ unterstütze, trotz Kompromiss (nur Abriss der Ställe und Schuppen) und trotz Gutachten, das durchaus eine wirtschaftliche Zumutbarkeit des Erhalts des Denkmals feststelle.
Nach der Einsicht in die Akten stehe für ihn fest, so Eichelbaum, „dass der Landrat über jedes Maß Einfluss genommen hat“. Den Grund dafür entnimmt er auch der Akte, in der von einem „bedenklichen Näheverhältnis“ zwischen Giesecke und dem Großbeerener Bauunternehmer Manfred Cieslik die Rede ist, der das Grundstück in der Nähe des Gedenkturms in der Ortsmitte erstanden hatte und dort einen Supermarkt errichten will. Dass er dieses Ziel erreicht, habe der Landrat massiven Druck auf die untere Denkmalschutzbehörde des Kreises ausgeübt, so Eichelbaum, damit diese zunächst einen mit dem Landeskonservator ausgehandelten Abriss der Wirtschaftsgebäude ohne Wohnhaus genehmige. Das tat deren Amtsleiter schließlich auch, ließ sich dafür aber vom Landrat eine schriftliche Anordnung geben, weil er das Vorgehen für gesetzeswidrig hielt und eine entsprechende Aktennotiz fertigte. Keinen Monat später legte der Investor aber Widerspruch gegen die Teilabrissgenehmigung ein, weil er auf dem Totalabriss bestand und diesen ja auch beantragt hatte. Daraufhin habe Giesecke dem Landesamt für Denkmalpflege mitgeteilt, dass er diesem Widerspruch stattgeben wolle. Das Landesamt widersprach diesem Vorgehen und bat, ein Dissensverfahren einzuleiten, das dann die Entscheidung in die Hand des Kulturministeriums legte.
Der Landrat selbst reagiert gelassen auf die Vorwürfe Eichelbaums, er habe Druck auf die Behörde im eigenen Haus ausgeübt: „Stimmt“, sagt er dazu und schildert seine Sicht der Dinge: Es habe mehrere Gesprächsrunden im Landesamt gegeben, bei denen man sich schließlich auf den Kompromiss einigte, das Haus stehen zu lassen, aber den Rest des Gehöfts abzureißen in der Hoffnung, das Edeka da mitzieht. Das sei aber eine Wunschvorstellung gewesen. Edeka habe unmissverständlich darauf bestanden, dass das alte Haus wegkommt, sonst käme man nicht nach Großbeeren, so die klare Ansage aus der Zentrale. Dem Besitzer könne aber laut Gutachten nur der Erhalt des Denkmals wirtschaftlich zugemutet werden, wenn er den Rest des Grundstücks an Edeka vermietet.
Das wiederum verneint Eichelbaum. Das vom Kreis in Auftrag gegebene und von ihm auch bezahlte Gutachten habe auch für den Fall, dass Edeka nicht kommt, eine Sanierung des Hauses als wirtschaftlich vertretbar bezeichnet. Dabei sei das Gutachten aber von falschen zu erzielenden Mietpreisen (8,52 Euro pro Quadratmeter) ausgegangen, so Giesecke. Das sei für Großbeeren zu hoch. Warum, so fragt Eichelbaum, sei dann ein vorher von Cieslik beauftragtes Ingenieurbüro auf den selben Mietpreis gekommen? Außerdem, so der CDU-Politiker, dürften doch die Wünsche von Edeka nicht ausschlaggebend sein, was mit einem denkmalgeschützten Haus zu geschehen hat. Er könne zwar den Wunsch der Großbeerener nach einem solchen Verbrauchermarkt verstehen, aber ein mit dem Landrat befreundeter Bauunternehmer müsse genauso behandelt werden wie jeder andere Besitzer eines Denkmals auch.
Giesecke bestätigt ein freundschaftliches Verhältnis mit Cieslik zu haben: „Wenn man vier Jahre gemeinsam kämpft, dann ist es nicht verwunderlich, wenn man irgendwann ins Du verfällt.“ Er schätze Cieslik als Unternehmer, der viel für die Region getan habe. „Davon könnten wir noch einen ganzen Sack gebrauchen.“
Den Filz-Vorwurf weist Giesecke zurück: „Quatsch! Mein Ziel ist es, die beste Lösung für den Kreis, die Gemeinde und für die Menschen zu finden. Wenn ich zu entscheiden habe zwischen einer Ruine, die keiner braucht, und 20 Arbeitsplätzen bei Edeka, dann stehe ich immer auf der Seite derer, die den Kreis voranbringen.“ (Von Ekkehard Freytag und Hartmut F. Reck)
Kommentar
Ekkehard Freytag findet, dass auch Macher bedächtig agieren sollten Selbst schuld Peer Giesecke ist ein Macher. Und das seit 20 Jahren. Als Landrat hat er den Landkreis mit nach vorn gebracht – bis zum Ehrentitel „im Osten die Nummer 1“. Ihm sind Ergebnisse nun mal am wichtigsten.
Weniger wichtig sind einem Macher Bedenken, die seinem Ziel im Wege stehen könnten. Ein Beispiel: Wenn der Landrat ein Tonbandprotokoll einer Ausschusssitzung abhören will, obwohl er es laut Gesetz nicht darf – tut er es trotzdem, „weil es wichtig und richtig war“. So kennt man den Landrat.
So eine Der-Zweck-heiligt-die-Mittel-Haltung war vielleicht in den ersten Wendejahren angesagt. 20 Jahre „danach“ sollte jede Behörde vor allem Recht und Gesetz verpflichtet sein – und jeder Behördenchef erst recht.
Insofern wiegen die neuen Vorwürfe, die Giesecke betreffen, doppelt schwer. Er soll im Interesse eines Investors, eines Duz-Freundes, Druck auf die Verwaltung ausgeübt haben. Auch dabei ging es um ein Ziel (Arbeitsplätze), alles andere zählte da wohl weniger.
Klar, hier war wieder der Macher aktiv. Es fragt sich jedoch, ob Giesecke sich wirklich für jeden so einsetzt; und wenn es so wäre: ob das überhaupt sein Job ist. Auf jeden Fall hat er jetzt einen Filz-Vorwurf am Hals. Das hat er sich selbst zuzuschreiben.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 13.03.2010