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Gesetze statt Gefälligkeiten - CDU-Landtagsabgeordnete verlangen Stellungnahme von Ministerin zu Großbeerener Haus
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- Dienstag, 16. März 2010 23:47
Gestern stand zweimal eine Menschentraube vor dem trotz Denkmalschutz vom Abriss bedrohten Haus Dorfaue 20 in Großbeeren. Am Vormittag waren es Bürgermeister Carl Ahlgrimm (parteilos), Hausbesitzer Manfred Cieslik, sein Architekt, der Revierpolizist und die Vertreter mehrerer Ämter, um zu beraten, wie die Zufahrt für den künftigen Edeka-Parkplatz gestaltet werden kann. Eine der dann notwendigen Maßnahmen wird sein, die Bushaltestelle um ein paar Meter zu verlegen. Es wird also schon geplant für die Zeit nach dem Abriss. Den will der CDU-Landtagsabgeordn
te Danny Eichelbaum aber zumindest solange verhindern, bis geklärt ist, wie es zu der Entscheidung der neuen Kulturministerin Martina Münch (SPD) gekommen ist. Eichelbaum hat die Akten im Ministerium eingesehen und ist entsetzt darüber, „dass sie sich über jeden Rat und alle Voten der Fachbehörden hinweggesetzt hat“, indem sie den Abriss genehmigte.
Gestern Mittag suchte Eichelbaum gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen Anja Heinrich und Sven Petke das Streitobjekt in der Großbeerener Ortsmitte auf. Das heruntergekommene Haus mit seiner inzwischen grauen, aber erhaltenswerten Stuckfassade und dem herrschaftlichen Säuleneingang ließ die Parlamentarier offensichtlich nicht unbeeindruckt. „Es gibt zweifellos ein berechtigtes Interesse der Großbeerener an einem Einkaufsmarkt“, so Anja Heinrich, „aber ohne Denkmalschutz würde man hier ein kulturelles Erbe verspielen“, sagt die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Deshalb will sie heute bei der Sitzung des Kulturausschusses des Landtags die Ministerin zu ihrer umstrittenen Entscheidung befragen, denn: „Bisher liegt kein einziges Argument vor, das diese Entscheidung rechtfertigen könnte“, meint Eichelbaum.
„Solch eine Ministerentscheidung ist die absolute Ausnahme“, sagt Sven Petke, „das geht eigentlich nur, wenn wirklich keine andere Möglichkeit mehr besteht“, meint der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion. Mit dem zwischenzeitlich gefundenen Kompromiss eines Teilabrisses des Bauerngehöftes unter Erhalt des Wohnhauses, hätte eine solche Möglichkeit aber bestanden.
Mit der Befragung der Ministerin, bei dem es heute auch um ein anderes Denkmal in Elsterwerda gehen soll, will man zur Klärung beitragen, ob in diesen Verfahren die Gesetze eingehalten worden sind, oder ob es sich hierbei um Gefälligkeitsentscheidungen handelt.
Wie MAZ berichtete, wirft Eichelbaum Landrat Peer Giesecke (SPD) vor, über alle Maße Einfluss genommen und Druck ausgeübt zu haben, dass es nun doch zum Abriss kommen soll. Giesecke als Landrat und Münch als Ministerin hätten vielmehr geltendes Recht einzuhalten und nicht die Entscheidungen der Fachämter außer Kraft zu setzen, meint Petke und fährt fort: „Ich gehe nicht davon aus, dass Herr Giesecke dafür einen persönlichen Vorteil für sich in Anspruch genommen hat, aber es kann nicht sein, dass für seinen Duz-Freund Cieslik das ganze Objekt abgetragen wird.“ Da aber Edeka auf einem Totalabriss besteht, damit die Kunden freie Sicht auf den künftigen Supermarkt haben, bestehen Cieslik und Giesecke nunmehr ebenfalls darauf. „Es kann aber nicht sein, dass Edeka die Grundsätze des Denkmalschutzes bestimmt“, ärgert sich Anja Heinrich.
Angesichts des morgendlichen Zusammentreffens vor dem Haus befürchteten gestern die CDU-Abgeordneten, dass bereits heute der Abrissbagger anrollt. „Politisch erwarten wir, dass die Abrissgenehmigung nicht vollzogen wird, bevor nicht die Ausschüsse umfassend informiert und beteiligt worden sind“, sagt Eichelbaum. Und da die Sache auch beim Petitionsausschuss liegt, müsse auch der erst entscheiden. „Alles andere wäre eine Brüskierung des Parlaments.“
Anja Heinrich befürchtet, dass die Zerstörung der Dorfaue 20 in Großbeeren Schule machen könnte. „Dann hat die Denkmalpflege keinen Wert mehr, wenn man jetzt schon beginnt, sie in Frage zu stellen.“ Und Eichelbaum hakt nach: „Wenn Rot-Rot die Denkmäler abreißen will, dann muss man erst die Gesetze ändern.“ Dafür, so denkt er, werde es aber schwierig, eine Mehrheit zu finden. (Von Hartmut F. Reck)
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 17.03.2010