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Klappe zu, Rohr tot - Lose Kabel, baumelnde Deckenklappen, aber die Lüfter saugen: Ein Besuch auf der Flughafenbaustelle in Schönefeld
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- Dienstag, 10. Juli 2012 13:05
Es beginnt mit einem Brummen und schwillt an zu einem Dröhnen. Es ist ein Geräusch, das Joachim Korkhaus den Schlaf rauben kann. Der Projektleiter des neuen Schönefelder Flughafens blickt zur Decke der Check-In-Halle, wo in 22 Metern Höhe gerade die Ventilatoren der riesigen Brandschutzanlage des Terminals angelaufen sind. „Der Rauch würde jetzt über das Dach hinaus geblasen. Im Marktplatz nebenan müsste nicht evakuiert werden“, erklärt Korkhaus. Aber so einfach ist das mit der Anlage nicht.
Die Brandenburger CDU-Fraktion hat sich gestern von Korkhaus über die Baustelle führen lassen, die eigentlich keine mehr sein sollte. Weil die Brandschutzanlage nicht funktioniert, war die Eröffnung des Flughafens am 3. Juni kurzfristig abgeblasen worden. Am 17. März 2013 soll der BER endlich ans Netz. Doch dass es bei diesem Termin bleibt, darauf will derzeit niemand eine Wette eingehen. Auch Horst Amann nicht, der Nachfolger des geschassten Technikgeschäftsführers Manfred Körtgen. Er steht offiziell erst ab 1. August im Dienst der Flughafengesellschaft. Bis dahin fliegt er einmal pro Woche vom Frankfurter Flughafen, seinem alten Arbeitgeber, nach Schönefeld, um sich ein Bild von den Problemen zu machen. Er soll bis Mitte August verbindlich sagen, ob der neue Termin zu halten ist.
„Der Zeitplan ist extrem knapp und absolut ambitioniert“, sagt Amann. Das größte Problem ist aus seiner Sicht fraglos die Brandschutzanlage. Amann beschreibt seine Aufgabe so: „Die Kunst besteht darin, in die wenigen Dinge, die nicht erledigt sind, voll einzusteigen.“
Im Terminal können die Abgeordneten diese „wenigen Dinge“ besichtigen. Auf Schaltern und Lederbänken hat sich der Staub niedergelassen. Zementsäcke und Werkzeug liegen herum. Kabel quellen aus Fußböden und Wänden. Über dem 750 Meter langen Mainpier Nord baumeln sämtliche Deckenplatten herab – aus „Nachverkabelungsgründen“, wie Korkhaus erklärt.
Die Ventilatoren, die er zu Demonstrationszwecken hat anwerfen lassen, sind nicht das Problem. Es ist das Zusammenspiel der Anlagen in den unterschiedlichen Flughafenbereichen. 50 der 900 Brandschutzklappen funktionieren nicht so, wie sie sollten. Das hat sich in der Testphase eindrucksvoll gezeigt: Weil die Klappen nicht öffneten, während die Luft abgesaugt wurde, sind zwei der blechernen Lüftungskanäle regelrecht implodiert. Zerquetscht wie Coladosen.
Trotzdem gibt sich Korkhaus zuversichtlich. Die Pläne, die der ebenfalls geschasste Generalplaner PG BBI hinterlassen hat, seien nicht so mangelhaft, dass größere Umbaumaßnahmen notwendig würden, sagt er. Und was ist mit den Meldungen von Schäden durch Grundwasser?, fragt CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski. „Bisher hatten wir noch keine größeren Wassereinbrüche“, sagt Korkhaus.
4000 Arbeiter sollen auf der Baustelle zu Gange sein, heißt es, doch allzu viele davon begegnen der CDU-Fraktion auf ihrem Rundgang nicht. „4000?“, fragt Dombrowski am Ende der Tour. „Ich hab’ vielleicht 50 gezählt.“ Er hat auch Zweifel daran, dass die Parkhäuser bis zum 3. Juni fertig geworden wären. Sie sind bis dato nicht abgenommen.
„Ich fürchte, dieser Baustelle fehlt die Führung“, sagt CDU-Verkehrsexperte Rainer Genilke. „Mit dieser Schlagzahl habe ich Zweifel daran, dass der 17. März eingehalten werden kann.“ Am Donnerstag im Hauptausschuss müsse Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auch erklären, wie der Standort je betriebswirtschaftlich arbeiten könne, fordert die Union.
Dann dürften auch die anhaltenden Querelen um den Lärmschutz eine Rolle spielen. Der Flughafen hat die Umsetzung des Programms vorerst gestoppt, wie Sprecher Ralf Kunkel bestätigt. Zuerst müssten mögliche Konsequenzen aus dem Rechtsstreit um den Lärmschutz geprüft werden. (Von Torsten Gellner)
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 10.07.2012